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Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G. Jung - Mahs.at

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erzeugt sie eine Spaltung und Gegens<strong>at</strong>zspannung, welche ihrerseits einen<br />

Ausgleich in der Einheit suchen. Die Vermittlung geschieht durch Symbole.<br />

Die Auseinandersetzung zwischen den Gegensätzen geht an den Rand des<br />

Erträglichen, wenn man sie ernst nimmt oder wenn man <strong>von</strong> ihnen ernst<br />

genommen wird. Das «tertium non d<strong>at</strong>ur» der Logik bewährt sich: man kann<br />

keine Lösung sehen. Wenn alles gut geht, präsentiert sie sich dennoch spontan<br />

<strong>von</strong> N<strong>at</strong>ur aus. Dann - und nur dann - ist sie überzeugend. Sie wird als das<br />

empfunden, was man «Gnade» nennt. Indem die Lösung aus der<br />

Auseinandersetzung und dem Kampf der Gegensätze hervorgeht, ist sie ein<br />

meist unergründliches Gemisch <strong>von</strong> bewußten und unbewußten<br />

Gegebenheiten und darum ein «Symbol» (eine auseinandergebrochene<br />

Münze, deren Hälften genau zusammenpassen) '. Es stellt das Result<strong>at</strong> der<br />

Kooper<strong>at</strong>ion <strong>von</strong> Bewußtsein und Unbewußtem dar und erreicht die Analogie<br />

des Gottesbildes in der Form des Mandala, welches wohl der einfachste<br />

Entwurf einer Ganzheitsvorstellung ist und sich spontan der Imagin<strong>at</strong>ion<br />

anbietet, um die Gegensätze, ihren Kampf und ihre Versöhnung in uns<br />

darzustellen. Die Auseinandersetzung, die zunächst rein persönlicher N<strong>at</strong>ur<br />

ist, wird bald gefolgt <strong>von</strong> der Einsicht, daß der subjektive Gegens<strong>at</strong>z nur ein<br />

Einzelfall der Weltgegensätze überhaupt ist. Unsere Psyche ist <strong>von</strong> der<br />

Weltstruktur her angelegt, und was im Großen geschieht, ereignet sich auch<br />

im Kleinsten und Subjektivsten der Seele. Darum ist das Gottesbild immer<br />

eine Projektion der inneren Erfahrung eines mächtigen Gegenüber. Dieses<br />

wird veranschaulicht durch Gegenstände, <strong>von</strong> denen die innere Erfahrung<br />

ihren Ausgang genommen h<strong>at</strong>, und die <strong>von</strong> da an numi-nose Bedeutung<br />

bewahren, oder es ist charakterisiert durch seine Numinosität und deren<br />

überwältigende Kraft. In diesem Fall, befreit sich die Imagin<strong>at</strong>ion <strong>von</strong> der<br />

bloßen Gegenständlichkeit und versucht das Bild eines Unsichtbaren, hinter<br />

der Erscheinung Stehenden, zu entwerfen. Ich denke hier an die einfachste<br />

Grundform des Mandala, die Kreisform und die einfachste (gedankliche)<br />

Kreisteilung, das Quadr<strong>at</strong>, bzw. das Kreuz.<br />

Solche Erfahrungen haben einen hilfreichen oder vernichtenden Einfluß auf<br />

den Menschen. Er kann sie nicht begreifen, ergreifen,<br />

• Eine der Bedeutungen <strong>von</strong> «symbolon» ist die «tessera hospitalit<strong>at</strong>is», die<br />

zerbrochene Münze, deren Hälften nach antiker Sitte zwei Freunde bei einer Trennung<br />

mit sich nahmen.<br />

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