Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
clau iVag), das kann unmöglich die Braut<br />
sein.“ Der Königssohn (Per) wollte es durchaus<br />
sehen, und Aschenputtel mußte gerufen werden.<br />
Da wusch es sich erst Hände und Angesicht rein,<br />
ging dann hin (als Lami aper: außen) und neigte<br />
sich vor dem Königssohn, der ihm den goldenen<br />
Schuh (VV) reichte. Dann setzte es sich auf einen<br />
Schemel (Cl), zog den Fuß (Lami) aus dem<br />
schweren Holzschuh (Lama) und steckte ihn in<br />
den Pantoffel (VV), der war wie angegossen. Und<br />
als es sich in die Höhe richtete und der Königssohn<br />
ihm ins Gesicht sah, so erkannte er das<br />
schöne Mädchen (Lami), das mit ihm getanzt<br />
(vlv) hatte, und rief: „Das ist die rechte Braut.“<br />
Die Stiefmutter und die beiden Schwestern<br />
erschraken und wurden bleich vor Ärger. Er (Per)<br />
aber nahm (konz) Aschenputtel (Lami mit ihrem<br />
VV-Schuh) aufs Pferd (Scr) und ritt (pls) mit ihm<br />
fort. Als sie an dem Haselbäumchen (Cl) vorbeikamen,<br />
riefen die zwei weißen Täubchen (VV-<br />
Cl):<br />
Ruckedikuh, ruckedikuh,<br />
kein Blut ist im Schuh:<br />
Der Schuh (VV) ist nicht zu klein,<br />
die rechte Braut, die führt er heim (als wG).<br />
Und als sie das gerufen hatten, kamen sie beide<br />
herabgeflogen und setzten sich dem Aschenputtel<br />
auf die Schultern (Lama), eine rechts (Cl1 auf<br />
CLA), die andere links (Cl2 auf CLP), und blieben<br />
da sitzen (jetzt auch als VV-Cl).<br />
(Nachspiel: Strafe für die Stiefschwestern.)<br />
Als die Hochzeit (GV) mit dem Königssohn (Per)<br />
sollte gehalten werden, kamen die falschen<br />
Schwestern (Lama), wollten sich einschmeicheln<br />
(lp) und teilhaben an (ein Teil werden von) der<br />
Schwester Glück (GV). Und als die Brautleute<br />
(Per und wG, aber noch ohne Lama) in die Kirche<br />
gingen (Indu), war die älteste (Lama) zur<br />
rechten, die jüngste (Lama) zur linken Seite (und<br />
wo war der Königssohn?): da pickten die Tauben<br />
(VV-Cl) einer jeden das eine Auge aus. Hernach,<br />
als sie (die Brautleute) hinausgingen (eva), war<br />
die älteste zur linken und die jüngste zur rechten<br />
Seite: da pickten die Tauben (VV-Cl) einer jeden<br />
das andere Auge aus. Und also waren sie (Lama,<br />
wenigstens jetzt ) für ihre Bosheit und Falschheit<br />
mit Blindheit auf ihr Lebtag bestraft. (Eigentlich<br />
ist Per iGV der Augenstecher; man findet das<br />
Motiv auch bei Ingeborg Bachmann: Vul iGV<br />
klagt über den Verlust ihrer Augen.)<br />
13. Einäuglein, Zweiäuglein,<br />
Dreiäuglein<br />
[Vorbemerkungen]<br />
[Das Märchen hat eine klare impuristische<br />
Familienstruktur und einen pädagogisch-moralischen<br />
Schluß. In dieser Welt ist es nicht ungewöhnlich,<br />
daß ein mG als Frau betrachtet wird,<br />
nämlich die Tochter Dreiäuglein. — Wir haben<br />
im theoretischen Teil den Tisch als Altar und den<br />
Altar in Form eines wG oder mG kennengelernt.<br />
Bellinger berichtet (mit einem Foto) von einem<br />
Dorfaltar in Form eines Phallus bei den Yoruba in<br />
Afrika. 71 Hier im Text wird eine gute Ziege (mG)<br />
in einen Tisch verwandelt, der Speisen und Getränke<br />
liefert. Da die Ziege ein mG ist, wird das<br />
Essen zu Emul. Die Ziege wird getötet, erscheint<br />
aber neu in Gestalt eines Baumes mit goldenen<br />
Früchten (GP).]<br />
Text, Struktur und Kommentar<br />
(1: Die Ziege als Tisch.) Eine Frau (Ut) hatte<br />
drei Töchter, nämlich Einäuglein (Vag) mit einem<br />
einzigen Auge (Vamu) mitten auf der Stirn;<br />
Zweiäuglein (Vul) mit zwei Augen (Lami, sonst<br />
Brüste) wie alle gewöhnlichen Menschen; und<br />
Dreiäuglein (mG) mit zwei normalen Augen (Tss)<br />
und einem dritten (GP) mitten auf der Stirn.<br />
Zweiäuglein wurde von den andern mißachtet<br />
und herumgestoßen, einfach weil es aussah wie<br />
das gemeine Volk. Sie gaben ihm auch so wenig<br />
zu essen (konz), daß es immer ganz hungrig (libi)<br />
war. Zur Familie gehörte auch eine Ziege (mG),<br />
die von Zweiäuglein (Vul) gehütet werden mußte.<br />
Als es einmal auf einem Rain saß und herzlich<br />
weinte (plu), erschien eine weise Frau (Ut) und<br />
half der armen Schwester (Vul). Sie sollte zu ihrer<br />
Ziege (mG) sprechen: „Zicklein, meck, / Tischlein,<br />
deck.“ Dann würde ein sauber gedecktes<br />
Tischlein vor ihr stehen, und sie könnte so viel<br />
essen (emul), wie sie Lust (Libi) hätte. Wenn das<br />
Kind (Vul) satt (ebri) war, brauchte es nur zu<br />
sprechen: „Zicklein, meck, / Tischlein, weg“, und<br />
der Tisch würde verschwinden. (Eigentlich verwandelt<br />
sich die Ziege in den Tisch. Das wird im<br />
Text aber nicht gesagt, doch während der Mahlzeit<br />
ist von der Ziege überhaupt nicht mehr die<br />
Rede.) Das funktionierte einige Tage lang, bis die<br />
Schwestern und die Mutter argwöhnisch wurden,<br />
weil Zweiäuglein (Vul) zu Hause sein irdenes<br />
Schüsselchen mit den wenigen Speisen nicht<br />
187