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Beim Aufbau der Tabelle fehlt noch das wichtigste<br />
Element, nämlich die Frage, um wieviele<br />
Plätze die vier Zeilen mit dem Geheimtextalphabet<br />
gegenüber dem Klartextalphabet oben caesarverschoben<br />
sind. In Spalte 1 steht zu dem Zweck<br />
ein »Schlüsselwort« aus 4 Buchstaben, das den<br />
vierfachen Ablauf des HKW nach rechts steuert<br />
und gleichzeitig Teil dieser Folge ist. Man könnte<br />
sich den Jahresring mit den Buchstaben von Farbtafel<br />
15.8 fünffach konzentrisch vorstellen und<br />
ihn dann wie eine Chiffrierscheibe drehen. Die<br />
Ringe müssen an EINER Stelle synchronisiert<br />
werden, sinnvollerweise sollte man da ein Wort<br />
lesen können, ein Merkwort oder Schlüsselwort,<br />
von dem die ganze Tabelle abhängt. Natürlich<br />
gibt es hier ungezählte Möglichkeiten, und ich<br />
habe nur wenige probiert, so daß ich für meinen<br />
Lösungsvorschlag nicht garantieren kann. Wieder<br />
hat Eco in seinem »Pendel«-Roman die Situation<br />
verarbeitet, als der Erzähler Casaubon den Computer<br />
seines verstorbenen Freundes Jacopo Belbo<br />
„knackte“ 38 . Die Daten waren mit Schreibschutz<br />
gesichert, und Casaubon findet den Schlüssel, das<br />
Paßwort: JHWH, den Namen Gottes. 39 Ich habe<br />
diesen Schlüssel vergeblich probiert (auch mit der<br />
zweiten H-Zeile invers geschrieben). Ein anderes<br />
fundamentales Wort wäre TORA, in hebräischen<br />
Buchstaben TWRH. In dieser Form bringt es<br />
keine Auffälligkeiten im Ergebnis der Tabelle.<br />
Aber TORA erinnert uns an die Tarotkarte X: Sie<br />
zeigt das »Rad«. Sollte das Rad jetzt auch ein<br />
Bild des Dechiffrierrades sein? Als Aufschrift<br />
trägt es die Buchstaben ROTA, und dazu haben<br />
wir früher schon ein Palindrom referiert: ROTA<br />
TARO ORAT (TORA) ATOR: Das Rad des<br />
Tarot spricht vom (Gesetz der) Hathor. Die Tora<br />
der Göttin Hathor sieht man im Gewand der<br />
»Hohepriesterin« (Karte <strong>II</strong>), die ja auch eine<br />
Hathorkrone trägt. Und um die Tora als Geheimtext<br />
geht es hier! Wir wählen AThOR als Schlüsselwort,<br />
dann bekommen wir das fehlende (göttliche)<br />
H sogar passend am Anfang gratis dazu<br />
(ein Phänomen, das bei der Vigenère-Verschlüsselung<br />
absolut nicht sein muß)! Ein Problem<br />
bleibt bei den Vokalen: Im hebräischen Kasten<br />
unten setzen wir Alef und Ojin als Vokale ein,<br />
obwohl es Konsonanten sein sollen. Hinzu<br />
kommt noch etwas. Im Rad der Tarotkarte »Rad«<br />
bildet ROTA eine vierteilige Windrose, und<br />
dazwischen gedreht liegt eine zweite vierteilige<br />
mit den Zeichen für JHWH, so verteilt, daß man<br />
linksherum hintereinander insgesamt lesen kann:<br />
HAJTHOWR oder HAiThOwR. Nun müßte ein<br />
Experte des Hebräischen nur noch erklären, warum<br />
»ai« als Alef erscheinen darf und »ow« als<br />
Ojin. Das Waw wird ja tatsächlich manchmal als<br />
U oder O gelesen! Kurz und gut, wir bleiben bei<br />
(H)AThOR als Schlüsselwort und bilden damit<br />
und mit dem HKW-24 den polyalphabetischen<br />
Geheimtextschlüssel.<br />
Singh nennt einen solchen zweistufigen Prozeß<br />
eine »Überschlüsselung« 40 , wobei »über«<br />
soviel wie »oben drüber« bedeutet, nicht etwa<br />
»zu viel«. In seinem Beispiel deutet er die erste<br />
Stufe der Entschlüsselung, wenn sie nach einem<br />
auffälligen Zwischenergebnis aussieht, als Ermutigung,<br />
als aufmunterndes Zeichen, daß die bisherige<br />
Arbeit erfolgreich war. Tatsächlich kann man<br />
nämlich ohne Prüfung am Text, d.h. ohne gründliches<br />
Studium des Althebräischen, nicht beurteilen,<br />
ob die Tabelle (eine von vielen Hundert<br />
möglichen!) richtig ist. Aber es gibt auch hier ein<br />
aufmunterndes Zwischenergebnis, das die Entfaltung<br />
der Sache bis hierher immanent als richtig<br />
bestätigt: die Buchstabennamen. In der Mitte der<br />
Tafel stehen die hebräischen Buchstaben in der<br />
Reihe des Alefbets, es kommt aber auf die Abfolge<br />
hier gar nicht an. Jeweils hinter dem Zeichen<br />
findet man in Umschrift den hebräischen Namen,<br />
z.B. steht beim G für GIMEL nur GML, weil die<br />
Vokale nicht geschrieben wurden. Die Transliteration<br />
der Namen folgt dabei dem Buch des<br />
Experten Kushner, Sefer Otijot (Das Buch der<br />
Buchstaben), und der müßte es doch richtig<br />
machen. Nun suchen wir diese Konsonanten der<br />
Zeichennamen lesbar in der Tabelle. Natürlich<br />
sind alle Buchstaben vorhanden, aber „lesbar“ als<br />
Bedingung soll bedeuten, daß die Buchstaben der<br />
Zeichennamen möglichst in einer Spalte übereinander,<br />
ersatzweise auch in Spalten nebeneinander<br />
auftreten müssen. Daß sie wirklich alle vorhanden<br />
sind, ist keineswegs selbstverständlich, wie<br />
jeder durch Probieren mit anderen Schlüsselwörtern<br />
leicht merken kann. In der angebotenen Lösung<br />
erscheinen die Wörter sogar vielfach redundant.<br />
Wir haben in der Mitte die Zahl der Funde<br />
in Klammern vermerkt und die Buchstaben jedes<br />
Wortes durch bestimmte Farben und Formen<br />
gekennzeichnet, damit man sie schneller findet.<br />
Nur bei MM und NWN ergibt sich ein Problem,<br />
insofern der gleiche am Ende des Wortes als ein<br />
anderer nicht in der Nähe ist, der wiederkehrende<br />
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