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Inhalt Band II - Edocs

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Arthur Rimbaud<br />

Analysen<br />

Einzelne Gedichte aus verschiedenen Zeiten<br />

Rimbaud (1854-1891) schrieb seine literarischen<br />

Werke in nur vier bis fünf Jahren (1870-<br />

74). Sein berühmtes Gedicht »Das trunkene<br />

Schiff« schickte er 1871 an Paul Verlaine in Paris.<br />

Der erkannte Rimbauds Genie und lud ihn<br />

nach Paris ein. Es entwickelte sich eine intime<br />

Freundschaft, die aber 1873 schon zerbrach. Ein<br />

Jahr später hörte Rimbaud auf zu schreiben, da er<br />

das Äußerste erreicht hatte, was ihm möglich<br />

war, und jedes weitere Schaffen als einen Rückschritt<br />

empfand. Deshalb verstummte er, bevor er<br />

zu seinem eigenen Epigonen werden würde. 1875<br />

verließ er Europa und reiste als Abenteurer, Waffenhändler<br />

und Handelsagent durch Indien, Arabien,<br />

Ägypten und Abessinien. — Sein Einfluß<br />

auf Expressionisten, Symbolisten und Surrealisten<br />

war außerordentlich. Hans Therre und Rainer<br />

G. Schmidt haben Rimbauds Werk kongenial ins<br />

Deutsche übertragen, kommentiert und mit Illustrationen<br />

kombiniert – allerdings ohne das Weltbild<br />

des Impurismus hinter den Texten aufzudekken.<br />

„Sieht man die Rimbaudschen Gedichte als<br />

eine Reihe, so scheint sich vom ersten bis zum<br />

letzten etwas wie eine alchimistische Läuterung<br />

abzuspielen.“ 1 Letztlich sei nämlich die Alchimie<br />

mit der Poesie vergleichbar, diese sei „SchaALLchimie“<br />

2 und reiche mit dem Material der<br />

Arthur Rimbaud: Voyelles<br />

A noir, E blanc, I rouge, U vert, O bleu, voyelles,<br />

Je dirai quelque jour vos naissances latentes:<br />

A, noir corset velu des mouches éclatantes<br />

4 Qui bombinent autour des puanteurs cruelles.<br />

Golfes d’ombre; E, candeurs des vapeurs et des tentes,<br />

Lances des glaciers fiers, rois blancs, frissons d’ombelles;<br />

I, pourpres, sang craché, rire des lèvres belles<br />

8 Dans la colère ou les ivresses pénitentes;<br />

U, cycles, vibrements divins des mers virides,<br />

Paix des pâtis semés d’animaux, paix des rides<br />

11 Que l’alchimie imprime aux grands fronts studieux;<br />

O, suprême Clairon plein des strideurs étranges,<br />

Silences traversés des Mondes et des Anges:<br />

14 — O l’Oméga, rayon violet de Ses Yeux!<br />

Sprache (als Laut und Schrift) weit in den Raum<br />

der Imagination. Die Übersetzer nennen Rimbauds<br />

Kunst »Allchimie«, „…nicht um eine<br />

untergegangene Praxis wieder aufzuwärmen oder<br />

der modernen Naturwissenschaft den Rang abzulaufen,<br />

sondern um das Paradigma einer ANDE-<br />

REN Sehweise offenzuhalten.« 3 Dem Eingeweihten<br />

genügt dieses verfremdende Vokabular als<br />

Hinweis auf den impuristischen Hintergrund.<br />

Folgerichtig nennt Schmidt seine Kommentare<br />

„An-Deutungen“ 4 . Rimbaud selber droht einmal<br />

mit Verrat, bleibt aber leider bei der Drohung:<br />

„Ich werde diese ganze Geheimniskrämerei entlarven:<br />

den religiösen Zauber, das mysteriöse<br />

Getue um Natur, Tod, Geburt, Zukunft, Vergangenheit,<br />

Kosmos, Leere.“ 5 Zu seinem Gedicht<br />

»Vokale« sagt er: „Endlich, oh Glück, gelang es<br />

mir, vom Himmel das Blau, das eigentlich<br />

schwarz ist, abzusondern.“ 6 Und ganz konkret<br />

freut er sich: „Ich erfand die Farbe der Vokale!<br />

A=Schwarz, E=Weiß, I=Rot, O=Blau, Ü=Grün.<br />

Ich bestimmte Form und Bewegung jedes Konsonanten,<br />

und mit Hilfe frei fließender Körper=Rhythmen<br />

wollte ich — so schmeichelte ich<br />

mir — eines Tages eine poetische Sprache finden,<br />

die alle Sinne gleichzeitig entzündet.“ 7<br />

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