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Inhalt Band II - Edocs

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iefen sie: „Der Wolf ist tot! Der Wolf ist tot!“<br />

und tanzten (Cl-Reigen) vor Freude um den<br />

Brunnen (Vul) herum.<br />

19. Der Teufel mit den drei goldenen<br />

Haaren<br />

[Vorbemerkungen]<br />

[Medizinisch ist eine »Glückshaube« (Caput<br />

galeatum) die Umhüllung des Kindes während<br />

der Geburt mit Resten der geborstenen Eihäute<br />

bei verspätetem Blasensprung. Ein so geborenes<br />

Kind galt früher als »Glückskind«. — Der Urtext<br />

zu diesem Märchen hat ganz erhebliche Abweichungen,<br />

z.B. folgte ursprünglich, nachdem die<br />

Großmutter dem Teufel drei goldene Haare (aus<br />

CuPi) gerupft hatte, ein vierter Erzählschritt, der<br />

die impuristischen Verhältnisse ganz klar machte<br />

für Zuhörer, die noch Zweifel hatten: Beim viertenmal<br />

„zupfte sie ihn an der Nase.“ So sieht<br />

man, daß die Haare (CuPi) von der Nase (GP)<br />

kamen, und die ganze lange Nase (Per) gehört<br />

natürlich zu einem mG. Das Glückskind bekam<br />

am Ende als Belohnung für seine hilfreichen<br />

Antworten „ein Regiment Infanterie“ (Tss) und<br />

„ein Regiment Cavallerie“ (Tss). Die mußten bei<br />

seiner Rückkehr vor dem Tore (Vul) des Schlosses<br />

(wG) warten. So weit war die Sache impuristisch<br />

möglich, dann aber kamen die Regimenter<br />

(auf einen Pfiff) durch das Tor hereinmarschiert,<br />

um den König zu zwingen, sein Wort zu halten.<br />

Die Brüder Grimm haben das ausgelassen und<br />

demnach die mündlich gesammelten Erzählungen<br />

nicht nur stilistisch geglättet (etc.), sondern auch<br />

impuristisch stimmig gemacht, und zwar durch<br />

Auslassen, Hinzufügen und Umbenennen. Man<br />

kann sich gut vorstellen, daß manche Märchen in<br />

der langen mündlichen Tradition ihre impuristische<br />

Genauigkeit und Stimmigkeit sowie den<br />

Humor in ihrer Diktion verloren haben, wenn die<br />

Erzähler selber nicht mehr wußten, was sie da<br />

eigentlich erzählten. Beim Volkslied nennt die<br />

Wissenschaft diesen Degenerationsprozeß der<br />

Texte in der mündlichen Überlieferung das<br />

»Zersingen«.<br />

Das aktuelle Märchen hat zwei mG-Personen<br />

und sieben wG-Orte mit verschiedenen, jeweils<br />

dazugehörigen Gestalten. Versuchsweise verzichten<br />

wir hier (fast immer) auf die Zählung von<br />

mehrfach nebeneinander gedachten gleichen Teilen<br />

des Weltbildes und auch auf die Angaben, ob<br />

man sich den Ort (die Person) oben oder unten<br />

vorzustellen hat. Ohnehin denken wir uns die<br />

7 wG alle nach oben, und zwar das 1. wG als<br />

Haus der armen Leute (CoU-PVC), die das<br />

Glückskind (Cl) bekommen; das 2. wG als die<br />

Mühle der Müllersleute (CoU-PVC), die die<br />

Schachtel (Vul) aus dem Fluß fischen und das<br />

Glückskind vierzehn Jahre lang aufziehen; das<br />

3. wG als das Schloß von König (CoU) und<br />

Königin (PVC), die die Königstochter (Lami)<br />

haben, aus der die Gemahlin des Glückskindes<br />

(Per) wird; das 4. wG als das Räuberhaus mit der<br />

guten alten Frau (Ut) und den Räubern (Cl-<br />

Plural); das 5. wG als die Stadt mit dem Brunnen<br />

(Vag) und der Kröte (CoU); das 6. wG als die<br />

andere Stadt mit dem Apfelbaum (Vag-Ut) und<br />

der Maus (Cl) an der Wurzel (Vul); das 7. wG als<br />

die Hölle mit der guten Ellermutter (Ut) und dem<br />

Glückskind als Ameise (Cl). Dazu kommt noch<br />

der Flußlauf (RiP) als ein Vul-Ort mit dem Fährmann<br />

(Cl1) und seiner Ruderstange (Cl2). Demnach<br />

sind hier auch Räuberhaus und Hölle oben<br />

zu denken, einerseits weil in beiden eine gute<br />

Großmutter (Ut) zu Hause ist, andererseits weil<br />

wir dann die beiden mG bequem auf ihrer üblichen<br />

Position, nämlich unten, denken können:<br />

Das Glückskind (Cl) wächst heran und wird zum<br />

Per, bekommt am Ende noch seine beiden Tss-<br />

Esel (gleich doppelt) und ist somit als mG mehr<br />

als vollständig. Der Teufel ist ein anderes mG,<br />

aber aus der Perspektive seiner Großmutter (Ut)<br />

erscheint er nur als Per (mit GP-Kopf und goldenen<br />

CuPi-Haaren). Man beachte, wie geschickt<br />

die Ellermutter durch Verwandlung des Glückskindes<br />

in eine Ameise (Cl) ein größeres Gedränge<br />

in der Hölle verhindert. Weitere mG würden entstehen,<br />

wenn wir uns die Räuber außerhalb ihres<br />

Hauses aktiv vorstellen müßten. Der König<br />

(CoU) taucht an vier verschiedenen Orten auf, ist<br />

also weitaus beweglicher, als wir beim »Froschkönig«<br />

gedacht haben. — Nach <strong>Inhalt</strong> und Struktur<br />

vergleichbar ist das Märchen »Der Vogel<br />

Greif«.]<br />

Text, Struktur und Kommentar<br />

(1: Geburt und Verkauf des Glückskinds.)<br />

Eine arme Frau (PVC) gebar ein Söhnlein (Cl),<br />

und weil es eine Glückshaut (Amn) umhatte, als<br />

es zur Welt (Vul) kam, so wurde ihm geweissagt,<br />

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