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nach Italien, und die gallischen Druiden fügten<br />
die fünf fremden nur sehr widerwillig in ihr altes<br />
Ogham ein. Der Name »Ogham« bezeichnet<br />
einerseits das ganze Alphabet, andererseits die<br />
einzelnen Zeichen. Diese Oghams wurden als<br />
dunkles Geheimnis gehütet.<br />
Die Erfindung dieses Alphabets schreibt die irische<br />
Überlieferung dem gälischen Gott Ogma-Sonnengesicht<br />
zu, der, wie Lukian von Samosata — im 2. Jh. n.Chr. —<br />
berichtet, in der keltischen Kunst als eine Verschmelzung<br />
der Götter Kronos, Herakles und Apollon<br />
dargestellt wurde. 4<br />
In der irischen Tradition werden die Buchstaben<br />
nach Bäumen und anderen Dingen benannt,<br />
und danach heißt der jeweilige Merksatz für die<br />
Laute (Buchstaben) z.B. »Baum-Ogham«,<br />
»Schwein-Ogham«, »Burg-Ogham«, »Frucht-<br />
Ogham«, »Vogel-Ogham« oder »Farben-<br />
Ogham«. Ollaven waren die Schüler der Meisterdichter<br />
(Barden): „Der Ollave im alten Irland<br />
mußte 150 Oghams oder verbale Geheimzeichen<br />
meistern, die es ihm erlaubten, sich über die<br />
Köpfe der ungebildeten Anwesenden hinweg mit<br />
seinen Dichterkollegen zu unterhalten …“ 5 –<br />
„Diese Chiffren wurden verwendet, um alle<br />
gewöhnlichen Menschen, die nicht in das<br />
Geheimnis eingeweiht waren, in die Irre zu führen<br />
und zu täuschen.“ 6 „Neben den 150 regulären<br />
Chiffren-Alphabeten, die der Ollave-Anwärter<br />
lernen mußte, gab es ungezählte andere Tricks,<br />
den Nicht-Eingeweihten auf die falsche Spur zu<br />
locken.“ 7 „Derlei erfinderisches Spielen mit<br />
Buchstaben und Zahlen war für die keltischen<br />
Dichter typisch. Wieviel Spaß mochten sie daran<br />
in ihren Wald-Akademien finden!“ 8 „Das <strong>Band</strong>,<br />
das die Dichter der britischen Inseln in vorchristlicher<br />
Zeit einte, war das Gelübde der Verschwiegenheit,<br />
mit dem alle Mitglieder der<br />
privilegierten Dichterakademien gelobten, die<br />
Geheimnisse der Akademie zu wahren, zu<br />
verheimlichen und niemals zu offenbaren.“ 9<br />
Das sind Sätze von Robert von Ranke-<br />
Graves, der in seinen Büchern Griechische<br />
Mythologie und Die Weiße Göttin außerordentlich<br />
umfangreiches Material zu diesem Thema<br />
ausgebreitet hat und auf den wir uns hier stützen.<br />
Insbesondere Die Weiße Göttin handelt davon,<br />
wie er das alte Rätsel entdeckte, aber leider verrät<br />
er sein Ergebnis niemals impuristisch-genau, weil<br />
er es beim Schreiben wieder verstecken muß. Wie<br />
Gimbutas Die Sprache der Göttin aus der<br />
408<br />
Archäologie erkennt, holt Ranke-Graves alte<br />
Weisheiten aus der Sprache des Mythos: „Meine<br />
These ist, daß die Sprache des einst am Mittelmeer<br />
und im nördlichen Europa verbreiteten poetischen<br />
Mythos eine magische Sprache war, vermischt<br />
mit populären religiösen Zeremonien zu<br />
Ehren der Mondgöttin oder der Muse, deren einige<br />
bis auf die älteste Steinzeit zurückreichen; und<br />
daß diese noch immer die Sprache wahrer Dichtung<br />
bleibt … Diese Sprache wurde in spätminoischer<br />
Zeit verfälscht, als Invasoren aus Zentralasien<br />
die matrilinearen Institutionen durch patrilineare<br />
zu ersetzen und die Mythen umzuformen<br />
oder zu verfälschen begannen.“ 10 Aber die Sprache<br />
erhielt sich „ziemlich rein in den geheimen<br />
Mysterienkulten von Eleusis, Korinth, Samothrake<br />
und anderen Orten.“ 11 Griechische, lateinische,<br />
palästinensische und keltische Mythen waren<br />
ernste Berichte über alte religiöse Bräuche<br />
und Ereignisse — verschlüsselt im doppelten<br />
Weltbild des Impurismus.<br />
Im 13. Jh. stieß in Irland „ein unbedeutender<br />
Mensch“, der sich selbst als Klein-Gwion (Fionn,<br />
Finn) ausgab, „ganz zufällig auf ein gewisses<br />
altes Mysterium“ 12 und begann, die professionellen<br />
Barden seiner Zeit zu verachten, weil sie die<br />
Grundlagen ihrer poetischen Überlieferung nicht<br />
verstanden. Er rief sich selbst zum Meisterdichter<br />
aus und nahm den Namen eines Barden aus dem<br />
6. Jh. an, Taliesin. Dann schrieb er »Cad Goddeu«,<br />
ein langes Gedicht (237 Zeilen) über die<br />
»Schlacht der Bäume«, in dem er sein Wissen<br />
versteckte und „ein altes religiöses Mysterium —<br />
eine Blasphemie, vom Standpunkt der Kirche —<br />
unter dem Mantel der Posse verbarg, ohne daß er<br />
es aber einem gebildeten Dichterkollegen ganz<br />
unmöglich machte, dieses Geheimnis zu erraten.“<br />
13 Ranke meint, daß diese »Schlacht der<br />
Bäume« eher eine »Schlacht der Buchstaben« sei.<br />
Das Geheimnis der Buchstaben war im 13. Jh.<br />
n.Chr. verschollen, auch schon im 10. Jh.: „Aber<br />
wir dürfen sicher sein, daß Gwion … sich niemals<br />
so außerordentliche Mühe gegeben hätte,<br />
die Elemente ihrer Rätsel zu entstellen, wenn<br />
nicht die Antwort ein wirklich großes Geheimnis<br />
gewesen wäre, etwas von entschieden größerer<br />
Bedeutung als ein bloßes ABC. Die einzige Hoffnung,<br />
mit unserer Forschung weiterzukommen,<br />
liegt aber darin, daß wir entdecken, welche<br />
Bedeutung die Buchstaben des Alphabets außer<br />
den ihnen im Rätsel beigestellten Eigennamen