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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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124 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

» ›Wissen Sie, was ich einem Biografen ins Stammbuch schreiben<br />

würde?‹ fragte Else Bartsch. ›Ich würde schreiben: Was stän<strong>di</strong>g übersehen<br />

wird, das ist <strong>di</strong>e Gegenwart einer bestimmenden Persönlichkeit.‹<br />

« (U.F., S. 128)<br />

Dann fährt sie fort, indem sie auf das unergründliche Geheimnis anspielt,<br />

das jeder Existenz, jeder Persönlichkeit einen unverwechselbaren Reiz<br />

schenkt:<br />

» ›[...] Jeder Mensch hat doch so etwas wie einen Kern, eine innere<br />

harte Schicht. Das Ende der Person und zugleich ihr Anfang. Das,<br />

was sich nicht ändert im Leben. Hermann nannte es <strong>di</strong>e Fluchtzone.<br />

[...]‹ «<br />

An der Oberfläche scheint ihre Freundschaft, ihre Liebesaffäre mit HR<br />

das Hauptthema des Gesprächs zu sein, das Geheimnis, das endlich enthüllt,<br />

besprochen wird.<br />

2.5.4. Die lustwählende Schäferin – Über <strong>di</strong>e Liebe und <strong>di</strong>e Freundschaft, Trost<br />

der Hoffnung, in äußerster Widerwärtigkeit<br />

Obwohl <strong>di</strong>e Autorin keine feministischen Thesen vertritt, scheint es<br />

trotzdem klar, dass sie Partei nimmt für <strong>di</strong>ese Frauenfiguren, für ihre<br />

Energie, für ihre Lust am Leben, <strong>di</strong>e sich aber eher passiv ausdrücken: im<br />

Zustand der Resignation, der Akzeptierung, des Bestehens. Gudrun will<br />

auf <strong>di</strong>e Liebe nicht verzichten, deshalb nimmt sie <strong>di</strong>e wenigen Lichtstreifen<br />

des Lebens an. Else Bartsch schweigt ein Leben lang, um das Geheimnis<br />

ihres Dichters nicht zu enthüllen. Die Barock<strong>di</strong>chterin Catharina Regina<br />

von Greiffenberg in der dritten Erzählung begnügt sich damit, an den<br />

Innig-Freund Sigmund von Birken Briefe zu schreiben.<br />

Der Widerspruch zwischen ihrer sinnlichen und geistigen Lebenslust<br />

und der durch <strong>di</strong>e Realität aufgebürdeten Resignation taucht immer wieder<br />

auf, aber das Paradoxon gehört letztendlich zum Leben selbst.<br />

Wie oft bemerkt wurde, sind <strong>di</strong>e Frauen sicher nicht <strong>di</strong>e besseren Menschen,<br />

obwohl ihre schöpferische Kraft immer mehr von der Gesellschaft<br />

anerkannt wird.<br />

»Sie haben zweifelsohne unter der Macht des Patriarchats gelitten<br />

und leiden vielfach noch heute darunter, aber eine beträchtliche An-

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