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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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28 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

lyn Schlags Erzählung Brandstetters Reise, ich denke an <strong>di</strong>e von Marianne<br />

Fritz erfundene Figur der „armen“ Berta Schrei, <strong>di</strong>e scheitert, weil sie nicht<br />

über <strong>di</strong>e Mittel verfügt, um von einer Situation des wunschlosen Unglücks<br />

wegzufliehen, ich denke an <strong>di</strong>e Hauptfigur der Erzählung von Birgit Vanderbeke<br />

Ich sehe was, was du nicht siehst, eine junge, selbstbewusste Frau, welche<br />

<strong>di</strong>e Kraft findet, auf <strong>di</strong>e Schwerkraft der Verhältnisse zu reagieren und<br />

einfach wegzugehen. 25<br />

Da <strong>di</strong>ese Einstellungen immer sprachgebunden sind und da Denken<br />

und Sprache unzertrennlich sind, wie Marianne Fritz auch betont hat,<br />

können wir also das Weibliche gerade in der Schrift untersuchen und wenn<br />

möglich wiedererkennen. Wie man/frau oft unterstreicht, ist es Jacques<br />

Lacan, der dem Subjekt <strong>di</strong>e Einsicht nahe bringt, dass »Denken sich nur in<br />

der Sprache ereignet«, und zweitens, dass »Erfahrung (inclusive der des Unbewussten)<br />

sich in der Sprache überhaupt erst konstituiert«. Das Unbewusste<br />

und das Bewusstsein sind bei Lacan als gleichgeordnet anerkannt:<br />

»Das Unbewusste und das Bewusstsein entstehen durch ein und denselben<br />

Akt – den Akt der Verdrängung, der den Eintritt in <strong>di</strong>e symbolische<br />

Ordnung begleitet.« 26<br />

Durch <strong>di</strong>e Strukturgleichheit von Unbewusstem und Sprache kann behauptet<br />

werden, dass das Unbewusste wie Sprache und in der Sprache gelesen<br />

wird: Das Begehren nach der Wiederkehr des Verdrängten bleibt und<br />

gleitet im Unbewussten wie <strong>di</strong>e Bedeutung in der Sprache nach der<br />

Strategie der Ähnlichkeit wie nach der Strategie der Kontiguität. Aber Ingeborg<br />

Weber warnt davor, Lacans Ergebnisse für das feministische Erkenntnisinteresse<br />

in toto zu akzeptieren, indem sie den berühmten Satz zitiert:<br />

»La femme n’existe pas.«<br />

»[...] Das Weibliche wird über <strong>di</strong>e Bedürfnisse des Männlichen definiert<br />

und entsprechend als Bedrohung und fascinosum zugleich erfahren.<br />

Es bedroht <strong>di</strong>e Ordnung des Männlichen, weil es nur theoretisch<br />

auszugrenzen ist, praktisch aber im Unbewußten überdauert und von<br />

dort einschießt in den Diskurs des Symbolischen, dessen Versuche,<br />

Sinn zu stiften, es stört.« 27<br />

25 Birgit Vanderbeke, Ich sehe was, was du nicht siehst, Berlin: Alexander Fest Verlag, 1999.<br />

26 Vgl. dazu Ingeborg Weber (1994), insbesondere den Abschnitt „Jacques Lacans<br />

poststrukturalistische Linguistisierung der Psychoanalyse“, S. 15 ff.<br />

27 Vgl. Ingeborg Weber (1994) und den Abschnitt „Den Körper schreiben, <strong>di</strong>e<br />

Orange leben: Hélène Cixous“, S. 21.

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