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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Nachwort 267<br />

»Der Corpus „Literarisches Kunstwerk“ wird an der Vorstellung des<br />

richtigen, normierten Werks gemessen. Der Kritiker oder <strong>di</strong>e Kritikerin<br />

führt am Werk <strong>di</strong>e „Hexenprobe“ durch. Stellvertretend für den<br />

Leib des Autors oder der Autorin am Werk.« (Hexenreden, S. 22)<br />

Und <strong>di</strong>ese normierte und normierende „Hexenprobe“ hat ganz konkrete<br />

Folgen sowohl in der Literatur als auch im Alltagsleben:<br />

»Aber das bleibt dann gar nicht so stellvertretend, wenn der Autor<br />

oder <strong>di</strong>e Autorin das Werk nicht mehr verkauft, weil sie oder er zu<br />

lange am Pranger zu sehen gewesen und ein Auskommen dann nicht<br />

mehr möglich ist.« (Hexenreden, S. 22)<br />

So kann es passieren, dass <strong>di</strong>e bewusste Zergliederung der hypotaktischen<br />

Konstruktion als „Tragö<strong>di</strong>e der Nebensatzlosigkeit“ in Bezug auf<br />

Lisa’s Liebe. interpretiert wird, während <strong>di</strong>e Parataxe im Gegenteil auf <strong>di</strong>e<br />

befreiende Möglichkeit hinweist, <strong>di</strong>e Zusammenhänge des Lebens zu zerlegen,<br />

damit sie auch erforscht und analysiert und überwunden werden<br />

können.<br />

»Ich sehe als einzige Möglichkeit <strong>di</strong>e Flucht. Es geht darum, <strong>di</strong>eser<br />

Subjekt / Objekt-Sprache zu entgehen. Und damit den in sie eingestanzten<br />

Urteilen. Die bekannten Sprachen müssen verlassen werden.<br />

Der Subjekt / Objekt-Grammatik der Rücken gekehrt werden. Langsam.<br />

Schrittchenweise. Vorsichtig.« (Hexenreden, S. 26)<br />

Bei dem hier schon zitierten Verweis auf Nietzsches Unterscheidung<br />

zwischen Apollinischem und Dionysischem ist aber keine Übertreibung<br />

festzustellen: <strong>di</strong>e Analyse von Marlene Streeruwitz ist sehr punktuell und<br />

strebt danach, eine Neue Sprache des anderen Behauptens zu finden.<br />

»Es ist Schwerarbeit, <strong>di</strong>e Objektivierung deutscher Wissenschaftssprache<br />

aufzubrechen. Es ist immer eine neue Lektion in einer komplizierten<br />

Grammatik des Behauptens. Und es bleibt immer bei der<br />

Subjekt/Objekt-Beziehung.« (Hexenreden, S. 23-24)<br />

Da <strong>di</strong>e „Besagten“ (siehe <strong>di</strong>e Figur „Berta Schrei“ in Marianne Fritz’<br />

Erzählung) keine Subjekte sein dürfen, erscheint umso deutlicher und sogar<br />

selbstverständlich, dass sie zum Schweigen als einziger erlaubten<br />

„Sprache“ und zur Passivität gezwungen werden. Oft denken sie gar nicht<br />

an <strong>di</strong>e Möglichkeit, <strong>di</strong>e eigene Stimme zu erheben:<br />

»Deutlicher so, weil <strong>di</strong>e Verstummten schweigen und so leicht zu besprechender<br />

Gegenstand sind. Für jede Seite. Die Opfer sind nur

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