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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Marlene Streeruwitz: Eine Poetik des Suchens 253<br />

»Es geht darum, wie <strong>di</strong>e Setzung fixieren. Wie dem Subjektiven einen<br />

Ort schaffen, an dem es nicht flüchtig sich verliert, aber auch nicht in<br />

das Objektive eingibt und damit Träger des Objektiven wird.« 111<br />

Margarethe weigert sich, <strong>di</strong>e vorgeplante Biographie zu schreiben, wegen<br />

der Skepsis gegenüber der Möglichkeit eines Erzählens, das Wahrheiten<br />

stiften oder zumindest re-konstruieren soll:<br />

»Diese Leben anderer ausdeuten. Wie war sie auf <strong>di</strong>e Idee gekommen.<br />

So etwas machen zu wollen. Das mußten andere machen. Andere,<br />

<strong>di</strong>e sich sicherer waren. Sie konnte ja nicht einmal über ihr eigenes<br />

Leben Auskunft erteilen.« (Nachwelt., S. 371)<br />

Trotzdem – trotz all der Zweifel und des berechtigten Zögerns – wird<br />

Margarethe von Manon energisch ermuntert, <strong>di</strong>e Geschichte Annas zu<br />

schreiben, nicht um dem Publikum irgendeine Lüge, irgendeine schön<br />

verpackte „Wahrheit“ zu verkünden, sondern um <strong>di</strong>e Spuren eines Lebens<br />

nicht einfach auslöschen zu lassen, um <strong>di</strong>e Anerkennung eines in<strong>di</strong>viduellen<br />

Unglücks und einer kollektiven Tragö<strong>di</strong>e zu erringen, damit <strong>di</strong>e Nachwelt<br />

über das Ausmaß der (vergangenen, der aktuellen, der potentiellen)<br />

Zerstörung nachdenken kann:<br />

»Und sich doch wünschen mußte, <strong>di</strong>e Biografie ihrer Freun<strong>di</strong>n würde<br />

in <strong>di</strong>eser Sprache geschrieben werden. Wenigstens. Anerkennung<br />

von der Nachwelt. Das Ausmaß der Zerstörung beschrieben. Zumindest.<br />

Und wie war <strong>di</strong>esem Schmutz zu entkommen. Was tun gegen<br />

all <strong>di</strong>ese ungewollten Zugehörigkeiten. Zu sühnen nicht möglich.<br />

Kein Sich-Entwinden.« (Nachwelt., S. 382)<br />

111 Ebenda.

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