Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
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26 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />
Anhand der Ergebnisse der (nicht nur, sondern auch) feministischen<br />
Literaturwissenschaft und der (nicht nur, sondern auch) feministischen<br />
Sprachwissenschaft will man/frau zeigen, wie sehr sich in der teilweise erfundenen,<br />
teilweise reproduzierten (siehe <strong>di</strong>e umgangsprachlichen, künstlich<br />
eingefügten Redewendungen in der Erzählung Marianne Fritz’) geschriebenen<br />
Sprache der Texte <strong>di</strong>e kommunikative Lust der Autorinnen<br />
widerspiegelt, und in der Folge, wie <strong>di</strong>e Mechanismen der Kommunikation<br />
bzw. der Nicht-Kommunikation zwischen Mann und Frau dargestellt werden.<br />
Hier taucht <strong>di</strong>e heikle Frage auf: Was ist Weibliches? Was ist Männliches?<br />
Handelt es sich vielmehr nur um Menschliches?<br />
»What is a woman? I assure you I do not know … I do not believe<br />
that anybody can know until she has expressed herself in all the arts<br />
and professions open to the human skill.« (Virginia Woolf) 20<br />
Weiblichkeit als biologische Destination prägt sicher <strong>di</strong>ese für meine<br />
Arbeit ausgewählten Texte in zweifacher Hinsicht, erstens in den Personen<br />
der Autorinnen, <strong>di</strong>e als Urheberinnen der Fiktion anerkannt werden<br />
müssen, und zweitens in den Hauptfiguren der Erzählungen und Romane:<br />
einzige, aber bedeutungsvolle Ausnahme stellt der Protagonist von Evelyn<br />
Schlags Erzählung Brandstetters Reise dar.<br />
Aber. Wenn Frauen biologisch anders sind als Männer, sollten sie auch<br />
anders schreiben?<br />
Die These von einer besonderen weiblichen Ästhetik ist in den letzten<br />
Jahrzehnten – in den 80er Jahren in Gestalt der poststrukturalistischen<br />
Theoreme von écriture féminine (Hélène Cixous) und parler femme (Luce Irigaray)<br />
– heftig <strong>di</strong>skutiert worden und scheint noch ungelöst. 21<br />
Im Band Weiblichkeit und weibliches Schreiben weist Ingeborg Weber darauf<br />
hin, dass der gemeinsame Weg der schreibenden Frauen ein langer Weg<br />
zur Mün<strong>di</strong>gkeit war. Sie zitiert einen Satz Marie von Ebner-Eschenbachs:<br />
»Als eine Frau lesen lernte, trat <strong>di</strong>e Frauenfrage in <strong>di</strong>e Welt« als Frage nach<br />
der weiblichen Identität: »Wer bin denn ich, wenn ich Frau bin?« 22<br />
20 In <strong>di</strong>esem Sinn zitiert Ingeborg Weber Virginia Woolf im Band Weiblichkeit und<br />
weibliches Schreiben. Poststrukturalismus, weibliche Ästhetik, kulturelles Selbstverständnis. Hrsg. von<br />
Ingeborg Weber, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1994, S. 3.<br />
21 Vgl. dazu Ingeborg Weber (1994), insbesondere ihren Kapitel „Poststrukturalismus<br />
und écriture féminine: Von der Entzauberung der Aufklärung“, S. 13 ff.<br />
22 Vgl. Ingeborg Weber, S. 3.