Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
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250 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />
um den eigenen Blickwinkel zu äußern. In der Kindheit, unter den familiären<br />
Verhältnissen, wegen des Sich-Abwendens der Eltern wurden ihre<br />
Schuldgefühle in der Psyche für immer verankert:<br />
»Die Erwachsenen hatten sich immer von den Kindern abgewandt.<br />
Hatten auf <strong>di</strong>e Kinder heruntergelächelt. Was wißt ihr schon. Sich<br />
dabei schon abgewandt. Und. Im Abwenden war das Schreckliche in<br />
den Gesichtern zu lesen gewesen. Und sie hatte es auf sich bezogen.<br />
Die Person, <strong>di</strong>e nichts wußte. Auf sich und das Schlechte, das in einem<br />
wohnte.« (Nachwelt., S. 291)<br />
Und wahrscheinlich ist das Ende der Geschichte mit Helmut gerade<br />
darauf zurückzuführen. Die Männer haben Angst vor starken Frauen, vor<br />
weiblicher Selbststän<strong>di</strong>gkeit, sie wollen und können auf ihr Mächtigsein<br />
nicht verzichten, ihre Autorität nicht aufgeben, deshalb, das scheint der<br />
Roman zu suggerieren, lassen sie starke Frauen stehen und suchen sich<br />
anscheinend „schwache“, „nette“, „anpassungsfähige“, „richtige“ Frauen:<br />
»Die 25jährige würde nicht selbstän<strong>di</strong>ger sein. Eher das Gegenteil.<br />
Wie Töchter gehaltene Ehefrauen. Man konnte sie sehen. Diese<br />
Paare. Wie er ihr nachgab. Freundlich. Nachsichtig. [...] Mit 25 kam<br />
einem das nicht so chancenlos vor wie dann. Später. Und vielleicht.«<br />
(Nachwelt., S. 277)<br />
Wie Helene ist aber auch Margarethe stolz und geht unabhängig vor,<br />
einer Sache ist sie sich nämlich sicher:<br />
»Hatte sie immer noch ein schlechtes Gewissen, an der Liebe nicht<br />
zu sterben. Nicht ihr Leben hinzugeben. Ihn nicht mehr zu lieben als<br />
ihr Leben. So wie <strong>di</strong>e Traude. Mit ihren Selbstmordversuchen. [....]<br />
Aber so ein Satz. So ein „Ich kann ohne <strong>di</strong>ch nicht leben“. Das käme<br />
ihr nicht über <strong>di</strong>e Lippen.« (Nachwelt., S. 276)<br />
Keine schöne Verpackung der Realität bekommt man/frau in <strong>di</strong>esem<br />
Roman zu lesen, keine ästhetisierende Verzerrung der existentiellen Wunde:<br />
eher <strong>di</strong>e Möglichkeit der Erkenntnis, des Erkennens, dass <strong>di</strong>e Frau ihr<br />
Dasein nicht als Objekt eines Männerblickes dahinfristen muss, immer<br />
wartend, immer sich nach dem „erlösenden“ Blick sehnend. Obwohl <strong>di</strong>ese<br />
Bewusstwerdung als Subjekt des eigenen Lebenslaufes, <strong>di</strong>ese Verantwortung<br />
für <strong>di</strong>e Konstruktion des eigenen Alltags sehr schmerzlich ist und<br />
letztendlich zu Einsamkeit führen kann:<br />
»Wie war mit Erkenntnis zu leben. Wie ertragen zu erkennen. Wie<br />
zusehen, wie <strong>di</strong>e Konstruktion, <strong>di</strong>e den Lebenssinn bedeuten hätte