07.10.2013 Aufrufe

Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Marlene Streeruwitz: Eine Poetik des Suchens 195<br />

tiv, rentabel, verwertbar und verwertend ist. Das wird wiederum als „Fortschritt“<br />

bezeichnet. 10<br />

Zu <strong>di</strong>esem Punkt bemerkt Irigaray:<br />

»Diese Charakteristika lassen einen „Isomorphismus mit dem sexuellen<br />

Imaginären des Mannes“ deutlich werden. Aber das darf auf<br />

keinen Fall sichtbar werden.« 11<br />

Den Wissenschaftstheoretikern zufolge sind tatsächlich „andere“ Annäherungsversuche<br />

an <strong>di</strong>e Realität, zum Beispiel durch Emotionen und/<br />

oder Intuitionen keineswegs akzeptabel:<br />

» ›Unsere subjektiven Erfahrungen oder unsere gefühlsmäßigen Überzeugungen<br />

können niemals irgendeine Aussage rechtfertigen‹, sagt der<br />

Wissenschaftstheoretiker.« 12<br />

In <strong>di</strong>esen Weltmodellen sei <strong>di</strong>e weibliche Kraft, <strong>di</strong>e weibliche Sexualität<br />

ausgeschlossen:<br />

»Die weibliche Sexualität harmoniert vielleicht eher – wenn wir ein wissenschaftliches<br />

Modell aufgreifen wollen – mit dem, was Prigogine <strong>di</strong>e<br />

„<strong>di</strong>ssipativen“ Strukturen nennt, <strong>di</strong>e durch Austausch mit der Außenwelt<br />

funktionieren, <strong>di</strong>e sich über unterschiedliche Energiestufen ausbreiten<br />

und deren Ordnung nicht auf das Streben nach Gleichgewicht<br />

zurückgeht, sondern auf das Überschreiten von Schwellen [...].« 13<br />

Sollen also Wissenschaft und Leben getrennt bleiben? Wäre es nicht<br />

vielleicht produktiver zu versuchen, <strong>di</strong>ese Zerrissenheit, <strong>di</strong>ese Spaltung des<br />

Subjektes in der männlichen und der weiblichen Seite zu überschreiten,<br />

um gemeinsam einen Sinn zu finden? Die Frage nach dem Sinn, <strong>di</strong>ese<br />

„sehr verzweifelte Frage unserer Epoche“, wäre mit einer ethischen<br />

Schuld eng verbunden, mit dem Verzicht auf das Weibliche, indem aber<br />

auch das Männliche sich nach dem Sinn fragt, weil es erfahren hat, wie gefährlich<br />

<strong>di</strong>e Sehnsucht nach der Totalität, nach der absoluten Wahrheit<br />

sein kann.<br />

Es gibt keine Lösung, <strong>di</strong>e sofort zu erreichen wäre: wichtig ist aber,<br />

über <strong>di</strong>e Sprache zu reflektieren, denn wir wissen, dass Sprache und Den-<br />

10 Luce Irigaray (1991), S. 144-145.<br />

11 Luce Irigaray (1991), S. 145.<br />

12 Ebenda.<br />

13 Luce Irigaray (1991), S. 147.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!