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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Marlene Streeruwitz: Eine Poetik des Suchens 251<br />

sollen. Wie <strong>di</strong>ese Konstruktion nur der Macht zu Willen. Was machen<br />

mit dem lodernden Gefühlssturm. Was mit der Erbschaft des<br />

Liebesgebots.« (Nachwelt., S. 278)<br />

Margarethe erinnert sich an einen anderen Mann, an den Dichter Dieffenbacher,<br />

der ihr laut vorgeworfen hatte, „emanzipiert“ zu sein, was ihn<br />

verstörte und vielleicht an seiner Männlichkeit zweifeln ließ, weswegen er<br />

sich auch mit einer 22jährigen Studentin der Theaterwissenschaft besser<br />

fühlte:<br />

»Er mochte sie nicht mehr treffen. Emanzipierte Frauen, hatte er im<br />

Schnattl zu ihr gesagt. Emanzipierte Frauen, das wäre nur etwas für<br />

junge Männer. In seinem Alter bräuchte er etwas Anschmiegsameres.<br />

Es sei nicht korrekt, aber er brauche das.« (Nachwelt., S. 302)<br />

Auf den Spuren des Lebens Annas, der Tochter von Alma und Gustav<br />

Mahler, sammelt Margarethe bei Bekannten und Freunden Informationen<br />

über <strong>di</strong>ese sich entziehende Figur: Es sind nur Bruchstücke, Redefetzen,<br />

Reden über sie, Erklärungen unter verschiedenen Blickwinkeln. Dazu <strong>di</strong>e<br />

Freun<strong>di</strong>n Manon:<br />

»Was das Leben für komplizierte Muster hat. Anna – Sie mußte jeden<br />

Tag ihren „Weltschmerz“ überwinden. Manchmal sagte sie zu mir,<br />

sie wollte nicht, daß irgend jemand herausfände, daß sie eine<br />

Schwäche habe.« (Nachwelt., S. 246)<br />

Auch Anna hat sehr gelitten, schon wegen ihrer „gefühlsarmen Jugend“<br />

(Nachwelt., S. 187), ihrer zu frühen Heirat, wegen des Von-der-Mutter-<br />

Wegkommen-Wollens, wegen der „schlechten“ Beziehung zur Mutter<br />

Alma, weil Alma sie gekränkt hatte, wie Margarethe von Albrecht Joseph<br />

erfährt:<br />

»Anna hatte viel zu jung geheiratet. Aber sie tat das hauptsächlich,<br />

um von zu Hause wegzukommen. – Und sie sagte ihrer eigenen<br />

Tochter, daß sie einen Sohn haben hätte wollen – . Anna ist <strong>di</strong>e<br />

Tochter von Alma. Alma wollte einen Sohn und ein nicht jü<strong>di</strong>sches<br />

Kind. – Anna ging von zu Hause fort, da war sie 17.« (Nachwelt., S.<br />

81)<br />

So fragt sich Margarethe, ob sie eigentlich das Recht hatte, ein eigenes<br />

Kind auf <strong>di</strong>ese trostlose Welt zu bringen:<br />

»Und also keinen Trost. Es gab keinen Trost. Und der Friedericke<br />

<strong>di</strong>eses Scheißleben aufgebürdet.« (Nachwelt., S. 117)

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