Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
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40 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />
»Die Freiheit wird immer <strong>di</strong>e eigene. Auch <strong>di</strong>e der Lesenden. Im<br />
Mitkonstruieren des Kunstwerks wird jeder auch wieder auf sich<br />
selbst und <strong>di</strong>e eigene Sprache verwiesen. Bleibt so bei sich. Und befreit.<br />
------------------------« 54<br />
Die Annährung an <strong>di</strong>e textuellen Umfelder entspringt aus jenem Interesse,<br />
welches <strong>di</strong>e Autorin Evelyn Schlag als Interesse für <strong>di</strong>e fremde schreibende<br />
Sensibilität bezeichnet hat, und das so charakteristisch für ihr Werk ist. 55<br />
Der kommunikative Aspekt der Literatur, <strong>di</strong>e von Evelyn Schlag gepriesene<br />
Sehnsucht nach dem Gespräch erlaubt in <strong>di</strong>esem Sinn den stän<strong>di</strong>gen Versuch,<br />
<strong>di</strong>e zwei Welten zu verbinden, <strong>di</strong>e Sphäre der schriftlichen Produktion<br />
und <strong>di</strong>e Realität der Welt-Dinge. Welche beansprucht den Vorrang,<br />
<strong>di</strong>e erste oder <strong>di</strong>e zweite?<br />
Was ist wichtiger für <strong>di</strong>e Lesenden, das Leben in den Worten/Wörtern<br />
zu enträtseln oder <strong>di</strong>e Bedeutung der Worte/Wörter im Leben zu analysieren?<br />
Ich denke zum Beispiel an den Fall der empirischen Leserin und<br />
einer empirischen Autorin wie Evelyn Schlag, <strong>di</strong>e sich gerne mit dem Publikum<br />
konfrontiert, und einer zweiten wie Marianne Fritz, der ein Rezensent<br />
vorgeworfen hat:<br />
»Seit Jahren schreibt sie unermüdlich an ihrem Werk. Interviews gibt<br />
sie keine, und ihre Wohnung verlässt sie nur selten, um in ihrem<br />
Schreibprozess nicht gestört zu werden.« 56<br />
Gerade <strong>di</strong>ese Schriftstellerin hat aber schriftlich betont, wie sehr das reale<br />
Leben in den Texten nachklingen kann, und zwar das Leben des Alltags<br />
und der Alltagsmenschen, das, was ansonsten nicht festgeschrieben würde,<br />
was Zeitungsartikel, gewisse Formulare, Dokumente auslassen:<br />
»[...] vielleicht bewegen mich <strong>di</strong>e ›Leerstellen‹, das ›Nichtfestgehaltene‹,<br />
das ›Weggestrichene‹, das ›unerwähnt Gebliebene‹, das ›nicht<br />
54 So Marlene Streeruwitz in ihrem Text Friederike Mayröcker. In: Und. Sonst. Noch. Aber.<br />
Texte. 1989-1996, S. 62-63.<br />
55 Evelyn Schlag, Der Nachklang allerfremdesten Lebens. So lautet der Titel des Vortrages,<br />
den <strong>di</strong>e Autorin im Mai 2000 im Musilhaus gehalten hat. Die Zitate aus <strong>di</strong>esem Vortrag,<br />
sowie <strong>di</strong>e aus dem Vortrag von Marlene Streeruwitz Mein Körper stammen aus den Redemanuskripten,<br />
<strong>di</strong>e ich damals in Klagenfurt – im Rahmen der Vorarbeiten für meine Dissertation<br />
(Dialogisch den Text ausfragen: eine symptomatische Lektüre als Literatur- und Lebenserforschung<br />
zu Evelyn Schlag, Marianne Fritz, Marlene Streeruwitz, Klagenfurt, im Dezember<br />
2000) – lesen konnte.<br />
56 Ulrich Horn, „Gegen <strong>di</strong>e glatten Alltagssätze“. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 28. 12. 1985.