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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Marianne Fritz: Der verdächtige Glanz der „glatten“ Sätze 169<br />

<strong>di</strong>ese „Tendenz zur Innerlichkeit“ mit den ihr zur Verfügung stehenden<br />

Symbolen auszudrücken versucht.<br />

Wenn einige Autoren im Madonnenkult ein Relikt der matriarchalischen<br />

Gesellschaft sehen (<strong>di</strong>e „Muttergottes“ als Erbin der „Großen<br />

Mutter“ der Frühgeschichte, <strong>di</strong>e sich trotz des Christentums gehalten<br />

habe), so bemerkt Christina von Braun, dass in Wirklichkeit <strong>di</strong>eses christliche<br />

Bild nichts mit der „Großen Mutter“ gemeinsam hat:<br />

»[...] sie verfügt weder über eine eigene Sprache noch über Sexualität<br />

und eigene Fruchtbarkeit. Sie ist geschlechtslos – und eben das macht<br />

sie zu einer geeigneten Projektionsfläche für eine männliche Mutterschaft.«<br />

46<br />

Ich glaube aber, dass <strong>di</strong>ese Verehrung Bertas einen eher religiösen Charakter<br />

besitzt wegen ihrer Neigung, das Sinnliche und das Transzendentale<br />

zu versöhnen. Außerdem will sie in den Augen der eigenen Tochter ihr<br />

wahres Selbst erkennen, um <strong>di</strong>e eigene Perspektive weitervermitteln zu<br />

können, so wie es im philosophischen Bereich erhofft wird.<br />

Ich denke an den Band Der Mensch ist zwei. Das Denken der Geschlechter<strong>di</strong>fferenz,<br />

in dessen Vorwort <strong>di</strong>e Wiener Philosophin Ingvild Birkhan betont,<br />

dass es bisher fast unvermeidlich war, dass Frauen, <strong>di</strong>e in der öffentlich-gesellschaftlichen<br />

Wirklichkeit Geltung zu erlangen und Verantwortung<br />

zu übernehmen streben, <strong>di</strong>e weibliche Differenz letzthin einem<br />

männlichen Subjektverständnis anpassen oder das Weiblich-Geschlechtlich-Sein<br />

sogar als Störfaktor erfahren müssen:<br />

»Zu sehr sind sie nicht nur auf <strong>di</strong>e faktisch männliche Macht, sondern<br />

auch auf männliche Parameter und Autoritäten angewiesen.<br />

Von Bedeutung wäre <strong>di</strong>e Existenz und Akzeptanz weiblicher Weltvermittlung<br />

auch über Generationen hin.« 47<br />

Extrem wichtig für den intersubjektiven Raum – so fährt sie fort, wären<br />

»[...] symbolische Mutterfiguren, Persönlichkeiten, <strong>di</strong>e an Kompetenz,<br />

Wissen und Erfahrung und meist auch Alter anderen voraus<br />

sind [...].» Denn eine öffentliche Diskussion wird erst durch Frauen<br />

ermöglicht, «Frauen, <strong>di</strong>e füreinander [...] eine Quelle von Wert darstellen,<br />

einander Wert und Autorität verleihen [...].«<br />

46 Christina von Braun, Nicht ich: Logik, Lüge, Libido (1994), S. 237.<br />

47 Ingvild Birkhan, Der Mensch ist Zwei. Das Menschwerden im Spannungsfeld der sexuellen<br />

Differenz. Vorwort zu dem Band Der Mensch ist zwei. Das Denken der Geschlechter<strong>di</strong>fferenz.<br />

Übers. aus dem Ital. von V. Mariaux, 2. Aufl., Wien: Wiener Frauenverlag, 1993, S. 9-10.

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