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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Evelyn Schlag: Die Sehnsucht nach dem Gespräch 131<br />

Wilhelm formuliert <strong>di</strong>e Frage, welche <strong>di</strong>e Bedeutung des Lesens für <strong>di</strong>e<br />

einzelne Existenz beweist:<br />

» ›[...]Verzeihen noch mal, Euer Gnaden. Ich dachte mir, wie schön<br />

es sein müsse, wenn man so ein Ge<strong>di</strong>cht liest und einen richtigen<br />

Schock des Erkennens bekommt.‹ « (U.F., S. 175-176)<br />

Catharina staunt über <strong>di</strong>e Geschicklichkeit Wilhelms, der mit den Dingen<br />

so klug umgeht und überraschenderweise auch <strong>di</strong>e Wörter beeinflussen<br />

kann:<br />

» ›Er hat an alles gedacht, der dumme Wilhelm‹, murmelte sie. ›Was<br />

ist das bloß für einer? [...] Wie er manchmal mit Wörtern umgeht, als<br />

seien noch keine Bücher geschrieben ... als forme er sie und bestimme<br />

über ihre Bedeutung ... dann wäre er aber ...‹ « (U.F., S. 196-<br />

197)<br />

Die Figur Wilhelm scheint also den notwen<strong>di</strong>gen Bezug zum realen<br />

Leben, zur konkreten Körperlichkeit zu verkörpern. Wenn Catharina ihm <strong>di</strong>e<br />

sprachlichen Metaphern erläutert und erzählt, dass <strong>di</strong>e Passionsblume, <strong>di</strong>ese<br />

herrliche Jesublume, den Menschen in ihrer Sichtbarkeit den Unsichtbaren<br />

zeige, denn Das Sichtbare weiset unsichtbare Ding, dann wagt Wilhelm ihrem<br />

idealisierenden Diskurs eine eigene, konkrete Reflexion zu formulieren, <strong>di</strong>e<br />

auf das Verhältnis zwischen Ars und Vita hinweist:<br />

» ›Wenn ich mir eine Frage erlauben darf ... gilt das auch für <strong>di</strong>e<br />

Wörter?‹ « (U.F., S. 175)<br />

Denn <strong>di</strong>e Wörter sind erst wertvoll, wenn sie das Leben, <strong>di</strong>e Materie,<br />

das Werden besagen, wenn sie sich ins Reale hineinschreiben und umgekehrt<br />

vom Realen Suggestionen und Impulse erhalten können:<br />

»Was sollen <strong>di</strong>e Wörter, wenn niemand drin lebt?« (U.F., S. 193)

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