Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
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186 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />
erste Teil ist aber veraltet, der zweite ist <strong>di</strong>e schon umgangssprachlich kontrahierte<br />
Form „grade“.<br />
In der Szene, welche <strong>di</strong>e erdrückenden Nachtängste Wilhelms beschreibt,<br />
benutzt <strong>di</strong>e erzählerische Instanz das Wort Psyche wahrscheinlich zum<br />
in<strong>di</strong>rekten,ironischen Hinweis auf <strong>di</strong>e Ebene des Unbewussten, auf das<br />
schlechte Gewissen Wilhelms, dessen er sich aber anscheinend nicht<br />
bewusst ist: in einer Fußnote wird erklärt, dass damit <strong>di</strong>e österreichische Bedeutungsvariante<br />
gemeint ist, <strong>di</strong>e eine Frisiertoilette bezeichnet: „Schminktisch<br />
mit Spiegel“.<br />
Oft kommen Verkleinerungsformen vor, <strong>di</strong>e echte lexikalische Neologismen<br />
darstellen und eine ironische Funktion ausfüllen:<br />
Zum Beispiel <strong>di</strong>e schon erwähnten Kosenamen, <strong>di</strong>e Wilhelmines Tatendurst<br />
stillen sollten, oder das Lexem „Viecherl“ für das (umgangssprachliche)<br />
„Viech“ innerhalb eines Satzes, der das aus dem Lateinischen<br />
stammende Adjektiv „akkurat“ beinhaltet:<br />
»Er verglich <strong>di</strong>ese Dunstglocke gerne mit einem Nilpferd: ›Dieses<br />
boshafte Viecherl muß sich akkurat dort ausruhen, wo ich stehe,<br />
liege, sitze oder gehe! [...] ‹ « (S.V., S. 23)<br />
Zahlreich sind auch <strong>di</strong>e Neologismen, welche sich als frei erfundene<br />
Komposita erweisen und mildernd, erleichternd bzw. ironisch in Bezug<br />
auf <strong>di</strong>e Emphase des Diskurses oder auf <strong>di</strong>e Intensität der Beschreibung<br />
wirken, zum Beispiel <strong>di</strong>e adverbiale Formel „undsoweiterundsofort“ (S.V.,<br />
S. 57), <strong>di</strong>e mittels von zwei verschiedenen Ausdrücken – durch <strong>di</strong>e Einschiebung<br />
von zwei Konjunktionen „und“ – redundant auf <strong>di</strong>e Eifrigkeit<br />
und Tatendurst des Handwerkers anspielt, der <strong>di</strong>e Gegenstände „verwenden“<br />
kann. Interessant erscheint auch das Lexem „Wolkenbankette“ im<br />
Abschnitt, der Bertas Albtraum erzählt:<br />
»Die stimmlose Berta, <strong>di</strong>e tote Berta überschrie den orkanartigen<br />
Sturm, der in Sekundenschnelle grauschwarze Wolkenbankette aus<br />
allen Windrichtungen der Erde zusammengejagt zu haben schien<br />
[...].« (S.V., S. 62)<br />
Sehr beliebt sind auch Kollokationen, <strong>di</strong>e zur Bildung der verschiedenen<br />
Figuren und zu einem gemeinsamen Bedeutungsrahmen entscheidend<br />
beitragen: so „Ordnung machen“, „ins rechte Lot bringen“, sowie Oxymora<br />
(<strong>di</strong>e zwei sich widersprechenden Begriffe verbinden), zum Beispiel<br />
das schon erwähnte „vorbildlicher Kalkulant“ und Paradoxa, siehe <strong>di</strong>e<br />
Aussage Wilhelmines in der schon analysierten Szene des Abschieds, wobei<br />
ein erster Teil Mitleid auszudrücken scheint: »Armes, armes Hascherl!