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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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196 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

ken unzertrennlich sind, und eine Reflexion über <strong>di</strong>e Sprache wirkt sich<br />

auch auf das Denken und auf das Reale aus.<br />

Welche Funktion erfüllen <strong>di</strong>e Kunst und <strong>di</strong>e Wissenschaft selbst – zumindest<br />

<strong>di</strong>ejenigen, <strong>di</strong>e über Kunst reflektieren –, innerhalb <strong>di</strong>eser epochalen<br />

Debatte?<br />

Der Weg, den Luce Irigaray suggeriert, führt durch <strong>di</strong>e Sprache, <strong>di</strong>e<br />

eine Verbindung zur Materie, zur „Matrix“, zur Sexualität, zu materiellen<br />

Elementen reifen soll.<br />

»Die Sprache, wie formal sie auch sein mag, wird durch Fleisch und<br />

Blut, durch materielle Elemente genährt. [...] Müssen wir immer formalere,<br />

immer technischere Mechanismen schaffen, <strong>di</strong>e sich gegen<br />

den Menschen wenden, gleichsam als Umkehrung jener Leistung der<br />

Mutter, <strong>di</strong>e ihm einen leben<strong>di</strong>gen Körper gegeben hat? Und <strong>di</strong>e er in<br />

dem Maße fürchtet, in dem <strong>di</strong>e Schuld zwischen ihm und ihr offen<br />

geblieben ist.« 14<br />

Die Aufgabe der modernen Menschen besteht nämlich darin, <strong>di</strong>e Quelle<br />

der Schöpferkraft wiederzuentdecken, <strong>di</strong>e Spaltung zwischen männlicher und<br />

weiblicher Sensibilität zu überwinden, damit man/frau sich leben<strong>di</strong>g fühlt und<br />

eine in<strong>di</strong>viduelle und kollektive Versöhnung zwischen Natur und Kunst, zwischen<br />

Körper und Geist erreicht wird:<br />

»Es ist unsere Aufgabe, uns daran zu erinnern, daß wir leben<strong>di</strong>ge und<br />

schöpferische Menschen bleiben müssen. Aber <strong>di</strong>e Erfüllung <strong>di</strong>eser<br />

Aufgabe kann nur das Werk beider Hälften der Welt sein: der<br />

männlichen und der weiblichen.« 15<br />

Worin bestünde <strong>di</strong>e Schuld der männlichen Hälfte der Welt nach der<br />

Erklärung der französischen Philosophin?<br />

In dem Streben nach Perfektion, der Unsterblichkeit (man/frau denke<br />

an <strong>di</strong>e Ideenlehre Platons), der absoluten Vollkommenheit hat <strong>di</strong>ese Hälfte<br />

das Mütterliche, das Natürliche, <strong>di</strong>e „Matrix“, <strong>di</strong>e Materie negiert und<br />

verdrängt. 16<br />

Aber indem <strong>di</strong>ese Hälfte sich der eigenen „Schuld“ bewusst wird, soll<br />

auch <strong>di</strong>e „weibliche Seite“ eigene Strategien ansetzen, um <strong>di</strong>e eigene<br />

Nicht-Existenz, das Negiert-Werden besonders in der Sprache zu überwinden.<br />

14 Luce Irigaray (1991), S. 150.<br />

15 Ebenda.<br />

16 Luce Irigaray, ebenda.

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