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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Marianne Fritz: Der verdächtige Glanz der „glatten“ Sätze 145<br />

– hilfreich zu anderen<br />

– freundlich<br />

– der Gefühle anderer bewusst<br />

– verständnisvoll gegenüber anderen<br />

– sanft<br />

– herzlich in Beziehung zu anderen<br />

Nach dem so genannten Androgynie-Modell von Sandra Bem wurde ein<br />

neues Bild psychischer Gesundheit entworfen, »[...] wonach <strong>di</strong>ejenigen<br />

Personen beiderlei Geschlechts am psychisch gesündesten sein sollten, <strong>di</strong>e<br />

über ein hohes Maß an maskulinen und femininen Eigenschaften verfügen.«<br />

23<br />

In der Erzählung von Marianne Fritz verkörpert Wilhelmine am besten<br />

<strong>di</strong>e Merkmale der Instrumentalität, <strong>di</strong>e paro<strong>di</strong>erend von der erzählerischen<br />

Instanz hervorgehoben werden.<br />

An Wilhelmine wird immer wieder <strong>di</strong>e besondere Tatkraft betont: <strong>di</strong>ese<br />

Kraft zum Eingreifen ermöglicht ihr – nach dem tragischen Befreiungsversuch<br />

Bertas –, den entscheidenden Ring (den Ehering, der ihr den ersehnten<br />

Ehestand bestätigt) zu erwerben, und hilft ihr schließlich dabei, »[...] <strong>di</strong>e<br />

Sache Berta tatkräftig in Angriff zu nehmen« (S.V., S. 9). Sie kennt keine<br />

Zweifel, keine Unsicherheit:<br />

»Für Wilhelmine bedeuteten Zweifel und Grübeleien dasselbe wie<br />

Alkoholismus, Nikotin- oder Drogensucht, was Wilhelm mit einigen<br />

Wenn und Aber, Dafür und Dawider gelten ließ.« (S.V., S. 8)<br />

Die Erzählebene unterstreicht immer wieder – insbesondere durch <strong>di</strong>e<br />

Reproduktion des Gedankenganges Wilhelms – <strong>di</strong>e ungeheuerliche Schaffenskraft<br />

<strong>di</strong>eser „Frau“, <strong>di</strong>e sich zwar auf einem bescheidenen Gebiet abspielt,<br />

immerhin aber mit großem Erfolg: der Haushalt ist perfekt organisiert,<br />

<strong>di</strong>e Betätigung als Putzfrau erfüllt ihren ökonomischen Zweck, und es<br />

bleibt auch etwas übrig:<br />

»Den Rest Wilhelminischer Energie vermochte sie in den ausführlichen<br />

Ehe<strong>di</strong>sputen zu verbrennen.« (S.V., S. 9)<br />

Paradox wird am Beispiel „Wilhelmine“ durch <strong>di</strong>e textuelle Struktur<br />

gezeigt, wie <strong>di</strong>e Zurichtung zur „Männlichkeit“ sich herauskristallisiert, infolge<br />

eines Prozesses, der aus dem essentiellen Mensch-Sein das sozio-<br />

23 Monika Siever<strong>di</strong>ng, ebenda.

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