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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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228 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

Keine metaphysische Wahrheit kann es mehr geben, mit ihren Eigenschaften<br />

der entfalteten Helligkeit oder Evidenz.<br />

»Das Wahre, das geschieht und dessen Geschehen sich vor allem in<br />

der Kunst ergibt (eher und wesentlicher als in der Wissenschaft, wo<br />

etwa das Prinzip der metaphysischen Evidenz als ausgemacht gilt) ist<br />

ein Wahres des „Halblichts“ [...].« 78<br />

Da <strong>di</strong>e Wahrheit keine metaphysische stabile Struktur mehr ist, sondern<br />

Ereignis, kann das Kunstwerk das „Ins-Werk-Setzen“ der Wahrheit sein.<br />

Innerhalb <strong>di</strong>eser Erklärung würde ich <strong>di</strong>e Poetik des Suchens von<br />

Marlene Streeruwitz als ein solches „Ins-Werk-Setzen“ der Wahrheit interpretieren:<br />

kein banales Stakkato, sondern der <strong>di</strong>chterische Gestus, der<br />

auf eine mögliche Wahrheit deutet, auf <strong>di</strong>e Gefahr „der autoritären Eigenschaften<br />

der metaphysischen Evidenz“.<br />

Was bleibet aber, stiften <strong>di</strong>e Dichter: indem er sich auf <strong>di</strong>e Verse Hölderlins<br />

und auf <strong>di</strong>e Interpretation <strong>di</strong>eser Verse im Aufsatz Das Wesen der Sprache<br />

von Heidegger bezieht, bemerkt Vattimo, das „was dauert“ in der Reflexion<br />

der Postmoderne als „was übrigbleibt“ 79 verstanden werden soll:<br />

Spur, Erinnerung, Denkmal.<br />

Auf der Suche nach solchen Spuren ist <strong>di</strong>e Poetik von Marlene Streeruwitz<br />

unterwegs zur Sprache, zu einer anderen, möglichen Sprache, sicher zu<br />

der Möglichkeit einer Neuen Sprache. So kann <strong>di</strong>e Kunst wieder das Leben<br />

erzählen, nur durch <strong>di</strong>ese Fragmente des <strong>di</strong>chterischen Wortes:<br />

»Durch <strong>di</strong>e Form gebrochen, hinter abstrakt behandelte Oberflächen<br />

geschoben, können <strong>di</strong>e Splitter von Wirklichkeit aufblitzen, <strong>di</strong>e in ihrer<br />

Gebrochenheit erst ein Ganzes zu beschreiben vermögen.« 80<br />

Dazu ist der Punkt, dazu ist <strong>di</strong>e Pause, dazu ist das Zitat notwen<strong>di</strong>g, um<br />

<strong>di</strong>ese Fragmente des Halblichts in eine fließende Struktur hineinzufügen, zu<br />

einer Wahrheit, <strong>di</strong>e sich ereignet und verändert, auch durch das Mitwirken<br />

der Leser sowie der Leserinnen.<br />

dem Ital. übersetzt und herausgegeben von Rafael Capurro, Stuttgart: Philipp Reclam<br />

jun., 1990, S. 71 ff.<br />

78 Gianni Vattimo (1990), S. 82.<br />

79 Gianni Vattimo (1990), S. 83.<br />

80 Marlene Streeruwitz, Sinn & Sein. Und <strong>di</strong>e Beobachtung der Beobachtung. In: Und. Sonst.<br />

Noch. Aber. Texte. 1989-1996, S. 86.

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