Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
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204 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />
lichkeit des Weiblichen, als Subjekt, in der ersten Person zu sprechen. Es<br />
blieb nur <strong>di</strong>e Schrift übrig:<br />
»Daß sich das Weibliche häufig in der Schrift wiedererkennt, deutet<br />
darauf hin – wenn auch vorerst noch auf negative Weise, als Mangel<br />
–, daß sich Frauen vor allem in den Formen wiedererkennen, <strong>di</strong>e<br />
in der Sprache besonders stark auf <strong>di</strong>e Abwesenheit hinweisen [...].« 36<br />
Indem das Weibliche als Subjekt nach einem eigenen Wort strebt, einem<br />
„leibhaftigen“ Wort, dass Emotio und Ratio, Körper und Geist, Kunst<br />
und Natur versöhnen könnte, ist es auch gezwungen, um <strong>di</strong>eses erste Wort<br />
zu erringen, gerade in der schriftlichen Sprache danach zu suchen:<br />
»[...] es strebt danach, <strong>di</strong>e Spuren der Abwesenheit, seiner Abwesenheit<br />
von der Sprache wiederzufinden, indem es als vorläufige Bewegung<br />
eine gefährliche aber gleichzeitig notwen<strong>di</strong>ge Nähe zum Neutrum<br />
übt – zur Abwesenheit, zum Schweigen, zur Leere –, in <strong>di</strong>esem<br />
Schweigen seinem ausgelöschten Wort lauschend und dabei Spuren<br />
der Abwesenheit wiederentdeckend, um zum ersten Wort zu gelangen.«<br />
37<br />
Das weibliche Sagen soll aber nicht isoliert bleiben, indem es endlich<br />
einen Weg zur Gegenseitigkeit, zu einer Ethik des Austausches zeigt, ist es<br />
unentbehrlich, um <strong>di</strong>e weibliche Subjektivität zu konstituieren:<br />
»Der Gründungsakt der weiblichen Subjektivität ist jedoch nicht ein<br />
Sich-Erheben gegen irgendetwas – <strong>di</strong>e Natur, das Neutrum –, sondern<br />
vielmehr ein Sich-Wenden-an, um zu sich selbst zurückkehren<br />
zu können, einen eigenen Ort einzurichten und zu sich selbst eine<br />
vorläufige Distanz zu gewinnen, <strong>di</strong>e das Sich-Sagen ermöglicht.« 38<br />
Die Vermittlung auf der weiblichen Seite erweist sich daher als notwen<strong>di</strong>ge<br />
Voraussetzung, damit das Wort der Frau nicht in einer sterilen<br />
Einsamkeit verlöscht: es soll vielmehr ein Netz von Worten und Bedeutungen<br />
entstehen, ein Zusammentreffen, welches <strong>di</strong>e Optik wirklich verändern<br />
kann:<br />
»[...] eine symbolische Verknüpfung zwischen dem Ich und dem Du,<br />
<strong>di</strong>e Vermittlerin, <strong>di</strong>e Dritte ist unab<strong>di</strong>ngbar, um <strong>di</strong>e eigene Wahrheit<br />
36 Wanda Tommasi, S. 118.<br />
37 Ebenda.<br />
38 Wanda Tommasi, Die Versuchung des Neutrums, S. 122.