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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Marlene Streeruwitz: Eine Poetik des Suchens 197<br />

Innerhalb <strong>di</strong>eses Horizontes der Revolte gegen jeden Dogmatismus,<br />

gegen <strong>di</strong>e erschreckende Starrheit jeder Ordnung kann also <strong>di</strong>e Position<br />

der Autorin Marlene Streeruwitz als mutiger Versuch gesehen werden, eine<br />

eigene Sprache zu erwerben:<br />

»Mir geht es darum, mich aus dem mich erschreckenden Status der<br />

Nicht-Existenz einer Frau an der Sprache aus dem eigenen Sumpf zu<br />

ziehen.« 17<br />

Denn Ordnung, das haben wir auch im Text von Marianne Fritz gelesen,<br />

bestimmt in der Sprache eine engmaschige Struktur der glatten Sätze,<br />

<strong>di</strong>e der konkreten Existenz nicht gerecht werden, Ordnung lässt das Leben<br />

erlöschen, verdrängt den Körper, schafft Ruhe statt Unruhe, Totsein statt<br />

Leben<strong>di</strong>gsein. Ordnung, erklärt Marlene Streeruwiz, herrscht durch <strong>di</strong>e<br />

Sprache über <strong>di</strong>e Welt:<br />

»Ordnung ist das Ziel aller Versuche, <strong>di</strong>e Menschheit zu bän<strong>di</strong>gen. In<br />

Religionen, totalitären Regimen und realisierten Utopien entscheidet<br />

<strong>di</strong>e Zuteilung der Modalen über den Zugang zur Welt. Entschieden<br />

wird, was einer kann und darf. Muß oder lassen muß. Lassen kann.<br />

Was sollen und was mögen. Und immer ist es eine je nach Bedarfslage<br />

adaptierte patriarchale Wertordnung, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>ese Zuteilung vornimmt.«<br />

18<br />

Zur Zersplitterung eines solchen Begriffs der Ordnung muss <strong>di</strong>e Eindeutigkeit<br />

der Sprache ra<strong>di</strong>kal abgelehnt werde: man/frau braucht neue<br />

Strategien um den eigenen Blick mutig auf <strong>di</strong>e Welt zu richten, so wie <strong>di</strong>e<br />

Moderne »einen ra<strong>di</strong>kal anderen Blick entworfen habe«, und <strong>di</strong>eser Blick<br />

„im konsequent Auf-sich-selbst-gerichtet-Sein“ hat in <strong>di</strong>e Vereinzelung<br />

geführt. Damit hat sie aber auch Freiheit ermöglicht:<br />

»In logischer Konsequenz konnte <strong>di</strong>e Moderne nur jeweils adäquate<br />

personale Sprachen entwickeln, <strong>di</strong>e bei jedem Lesen neu dechiffriert<br />

werden müssen.« 19<br />

Die Literatur von Marlene Streeruwitz strebt das Ziel an, einen neuen,<br />

anderen Blick in <strong>di</strong>e Realität zu entwerfen, und dank <strong>di</strong>eses Blicks <strong>di</strong>e Realität<br />

zu beschreiben.<br />

17 So Marlene Streeruwitz im zitierten Gespräch mit Clau<strong>di</strong>a Kramatschek, „Es gibt<br />

keine Utopien für Frauen“.<br />

18 Marlene Streeruwitz, Können. Mögen. Dürfen. Sollen. Wollen. Müssen. Lassen., S. 11-12.<br />

19 Marlene Streeruwitz, Sein. Und Schein. Und Erscheinen., S. 20.

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