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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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184 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

»So ist es, liebe Berta. Ja. Ja. Die Festung hat <strong>di</strong>ch erhört. Sie spricht<br />

mit <strong>di</strong>r, sie spricht für <strong>di</strong>ch vor Gott, den Heiligen. Sie kennt <strong>di</strong>e<br />

Formeln für deine Erlösung.« (S.V., S. 109)<br />

Dass das Leben eine Wunde ist, wissen alle Menschen, <strong>di</strong>e Sterblichen,<br />

aber gerade im Wort der Liebe, der Zärtlichkeit, in einer möglichen Muttersprache<br />

könnte man/frau <strong>di</strong>ese Wunde nicht heilen, nicht glatt machen,<br />

keine Erlösung fingieren, sondern <strong>di</strong>ese schmerzend schöne Wunde einfach<br />

erleben, mit ihren Rissen und Brüchen, mit ihren Schmerzen und mit<br />

all dem Glück, das sie auch schenkt.<br />

3.8. L’ambiguo piacere del Testo – Funktionen des literarischen Textes nach<br />

Umberto Eco<br />

Kann <strong>di</strong>e Textpraxis von Marianne Fritz, welche Angst, Unglück und<br />

Tod so beeindruckend inszeniert, auch nicht alle LeserInnen allzu sehr<br />

anziehen, erfüllt sie doch einige Funktionen der Literatur, <strong>di</strong>e sich entscheidend<br />

auswirken, wie Umberto Eco 61 betont hat:<br />

1. La letteratura non ha scopi pratici, è prodotta gratia sui, per amore <strong>di</strong> se stessi:<br />

Die Literatur ist nicht zweckgebunden, zweck<strong>di</strong>enlich, entsteht gratia sui,<br />

und das rechtfertigt und erklärt <strong>di</strong>e Willkürlichkeit nicht nur <strong>di</strong>eses Textes,<br />

der mit leichter Ironie und Mitleid gefärbt ist, sondern auch das ganze<br />

Werk der Autorin, <strong>di</strong>e „willkürlich“ Tausende von Seiten „herstellt“.<br />

2. La letteratura tiene in esercizio la lingua: durch <strong>di</strong>e Literatur bleibt <strong>di</strong>e<br />

Sprache in Übung. Diese Funktion wird durch <strong>di</strong>e Praxis von Marianne<br />

Fritz am besten verwirklicht, indem sie mit und an der Sprache arbeitet.<br />

Dabei handelt es sich vor allem um eine Manipulation an Buchstaben, <strong>di</strong>e<br />

den Lesevorgang entautomatisiert:<br />

a) <strong>di</strong>e Einfügung intersegmentaler Zusätze, <strong>di</strong>e neue Lexeme durch <strong>di</strong>e<br />

Bindestrich-Aneinanderreihung kreiert: für Wilhelm „den Geh-her-da“<br />

nach dem Imperativ seines Brotgebers, für Berta „Ein Mann-ein-Wortund-du-bist-verloren“;<br />

b) Wiederholung von Morphemen und Lexemen im Diskurs der Figuren:<br />

»Laß das doch. Wilhelm. Laß sie in der Kommode. Laß sie. Sie ist<br />

61 So berichtete Francesco Erbani in einem Artikel über Umberto Eco und seinen<br />

Beitrag „Su alcune funzioni della letteratura“, Festivaletteratura, Mantova 2000. Vgl. Francesco<br />

Erbani, „L’ambiguo piacere del Testo“. In: la Repubblica, Roma 11. 9. 2000.

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