Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
190 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />
Was für ein Unterschied fällt den Lesenden auf, wenn sie an <strong>di</strong>e engstirnige<br />
Provinz denken, wo sich <strong>di</strong>e Geschichte der Berta Schrei abspielt,<br />
<strong>di</strong>e keinerlei positive, erfreuliche Aspekte aufweist und zeigt, wie düster<br />
und ausweglos <strong>di</strong>e Realität besonders für Frauen sein kann, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Verantwortung<br />
für <strong>di</strong>e Zukunft der eigenen Kinder tragen.<br />
Es ist interessant zu beobachten, dass <strong>di</strong>e Frauen sich in den Texten<br />
einer Gegenwartsautorin wie Birgit Vanderbeke keinerlei Illusionen mehr<br />
machen und nicht mehr an <strong>di</strong>e befreiende Funktion eines Partners glauben,<br />
der wie der Prinz der Märchen alle Probleme abschaffen und <strong>di</strong>e<br />
Erlösung fix und fertig beibringen soll.<br />
Die Protagonistin, <strong>di</strong>e inzwischen Freundschaften mit anderen Männern<br />
schließt, ist nämlich glücklich, wenn René bei ihr ist, aber sie akzeptiert<br />
auch <strong>di</strong>e Tatsache, dass er oft weg ist, da er wiederkommen wird:<br />
»Zum Glück war René Ostern da. [...] Während wir uns das Haus<br />
anschauten, nahm René mich in den Arm und sagte, weißt du was,<br />
ich sagte, ja, so <strong>di</strong>es und das, und er sagte, weißt du, mit ihrem Renoir.<br />
Ich sagte, was ist mit ihrem Renoir, und er sagte, was meinst du,<br />
sollte ich nicht lieber bleiben. Das solltest du, sagte ich, wir essen<br />
pâtes und patates und encore des pâtes, und du bist <strong>di</strong>e Sache los.«<br />
(Ich sehe, S. 118-120)<br />
Die Ich-Erzählerin erhebt keinen Anspruch auf einen endgültigen Sinn,<br />
sie befiehlt nicht, sie gibt Ratschläge (Das solltest du) und lädt zu einer Teilnahme<br />
ein, zu einem Verbundensein, das sich auch mit der Materie nährt,<br />
an einem Ort, der eine (provisorische) Harmonie zwischen Geist und Körper<br />
verspricht.