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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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260 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

dagegen <strong>di</strong>e Rhythmen, <strong>di</strong>e Glossolalien auf das Präö<strong>di</strong>pale, also <strong>di</strong>e<br />

Mutter, das heißt auf <strong>di</strong>e Frau zurückzuführen. Folglich läßt sich<br />

sagen, daß jegliche Produktion nicht den Unterschied (<strong>di</strong>fférence) der<br />

Geschlechter aufzeigt, sondern <strong>di</strong>e sexuelle Differenzierung (<strong>di</strong>fférenciation)<br />

zwischen <strong>di</strong>esen beiden Polen ins Spiel bringt.« 12<br />

Das Thema des Wechselwirkens zwischen Wörtern und Leben sowie<br />

<strong>di</strong>e Frage nach dem weiblichen Wort (in unzertrennlicher Verbindung mit<br />

dem Denken und dem Wissen) ist gemeinsam von den Autorinnen Marlene<br />

Streeruwitz und Birgit Vanderbeke besprochen worden im Zeichen<br />

einer Metapher, welche <strong>di</strong>e mehrdeutige, heterogene Figur, <strong>di</strong>e Hexe, <strong>di</strong>e<br />

schon im Roman Verführungen. auftauchte, als Inbegriff der Ausgrenzung<br />

und Folterung versteht, also der Unterdrückung und des Schicksals der<br />

Abwesenheit, Strategien, welchen Frauen in der Vergangenheit unterlagen<br />

und vor denen sie in der Gegenwart nicht immer und nicht an allen Orten<br />

geschützt sind bzw. sich schützen können.<br />

Die Hexenreden von Gisela von Wysocki, Marlene Streeruwitz und Birgit<br />

Vanderbeke wurden an Walpurgis 1999 in der Herzog August Bibliothek<br />

Wolfenbüttel im Rahmen des Literarischen Collegiums der Stiftung<br />

Niedersachsen gehalten. 13<br />

»Erzeugt vom Klima der Verdächtigungen, nein, bloßen Mutmaßungen,<br />

reinen Behauptungen, willkürlich erhobenen Beschul<strong>di</strong>gungen<br />

bis hin zu Verteufelungen. Die Hexen schienen aus dem Boden zu<br />

wachsen: flächendeckend – gleich morphogenetischen Feldern –<br />

hinweg über Frankreich, Deutschland, Spanien, Holland und Österreich.«<br />

(Hexenreden, S. 6)<br />

Schon Gisela von Wysocki (in ihrem Beitrag Mit dem Skandalon auf »Du«<br />

und »Du«) erinnert an jene Zeit, in der es »auf einmal überall Hexen gab«,<br />

in der<br />

»[...] man den Frauen öffentlich etwas nachsagen konnte, sie an den<br />

Pranger stellte und auf Marktplätzen umbringen durfte. Ihr Sterben,<br />

weithin sichtbar, wurde gerichtlich beschlossen und offiziell ausgeführt.«<br />

12 Julia Kristeva, „Produktivität der Frau“. In: alternative 19, 1976, Nr. 108/109, S. 170-<br />

171. Vgl. dazu Hedwig Appelt, Die leibhaftige Literatur (1989), S. 241-242.<br />

13 Vgl. <strong>di</strong>e Beiträge der drei Autorinnen in: Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.), Hexenreden.<br />

Gisela von Wysocki, Birgit Vanderbeke, Marlene Streeruwitz, Göttingen:Wallstein Verlag,<br />

1999.

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