Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
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16 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />
gehören sollte, nicht nur der Literaturwissenschaft, sondern auch der<br />
Übersetzungswissenschaft, Linguistik, Philosophie, Soziologie, Psychologie,<br />
Kommunikationswissenschaft, Frauenforschung, damit Fragen gestellt<br />
werden, auf <strong>di</strong>e mögliche Antworten zu finden sind, damit der analysierende<br />
Blick sich weder männlich noch weiblich, einfach anders und stän<strong>di</strong>g<br />
neu erweisen kann. 3<br />
1.2. Existentielle Perspektive des Literarischen: Literatur als Synthesis von<br />
Ars und Vita<br />
War das ein Grund für Germanistik? So hat mich eine Autorin plötzlich<br />
gefragt, wegen meines Vornamens. Ich habe ihr da nicht von dem<br />
ur?praö<strong>di</strong>palen Konflikt in meiner eher patriarchalen Kleinfamilie erzählt,<br />
der ihn bestimmte. Schon in der Wiege erlebte ich buchstäblich den Gegensatz<br />
zwischen Väterlichem und Mütterlichem, zwischen Männlichem<br />
und Weiblichem, zwischen dem tra<strong>di</strong>tionsgebundenen Logos und dem<br />
weiblichen Versuch, sich <strong>di</strong>esem Logos zu entziehen. Damals war es noch<br />
zu früh, einen kompromisslosen Sieg des Weiblichen vorauszusehen.<br />
Doch es gelang dem Weiblichen, <strong>di</strong>esen Kampf zu gewinnen, indem <strong>di</strong>e<br />
Mutter sich mit der Waffe der Tra<strong>di</strong>tion widersetzte: ein männlicher Name<br />
für ein Mädchen knüpfte immerhin an <strong>di</strong>e Tra<strong>di</strong>tion der Familie, an ein<br />
männliches Vorbild an, was Autorität bei <strong>di</strong>eser Wahl verlieh, <strong>di</strong>e der<br />
völligen Freiheit anzuvertrauen wäre.<br />
Beim Gespräch zitierte ich also etwas oberflächlich den Namen der<br />
deutschen Autorin Huch, als Aha-Rechtfertigung nicht für meinen Vornamen,<br />
sondern für meine Begeisterung als Germanistin. Aber <strong>di</strong>e Frage<br />
hatte mich wirklich gefordert: so versuchte ich wieder einmal!, gründlich<br />
über Ars und Vita zu reflektieren.<br />
3 Auf ihre Arbeit mit der Überschneidung von Sprache und sozialen Phänomenen<br />
sowie auf den inter<strong>di</strong>sziplinären Charakter innerhalb der geschlechtsspezifischen Forschung<br />
und nicht zuletzt auf das gefährliche Terrain <strong>di</strong>eser Forschung selbst weist <strong>di</strong>e<br />
Linguistin Deborah Tannen hin. Vgl. Deborah Tannen, Andere Worte, andere Welten. Kommunikation<br />
zwischen Frauen und Männern, Frankfurt, New York: Campus Verlag, 1997, S. 11<br />
ff.: »Wenn WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Gebieten versuchen, ihre Forschungen<br />
gegenseitig zu verstehen und zu kommentieren, begeben sie sich auf gefährliches<br />
Terrain.« Deswegen wird von der Autorin betont: »Der inter<strong>di</strong>sziplinäre Dialog erfordert,<br />
wie jede interkulturelle Kommunikation, Sensibilität, Flexibilität und Geduld<br />
sowie ein Bemühen um ein Verständnis für den Kontext, aus dem <strong>di</strong>e Gesprächspartner-<br />
Innen kommen.« S. 12.