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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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246 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

keiten in <strong>di</strong>esem Nicht verborgen. Aller Verrat und Betrug.« (Nachwelt.,<br />

S. 19)<br />

In der erlebten Rede, im synkopischen Rhythmus ihres Reflektierens<br />

wird sie sich einer Wahrheit bewusst, <strong>di</strong>e sie im Grunde nicht akzeptieren<br />

will: „er“ ruft nicht an, weil er an sie nicht denkt, als Nicht-Figur, <strong>di</strong>e keinen<br />

Platz mehr in ihrem Leben findet:<br />

»Und. Das Warten existierte nur für sie. Er konnte das nicht verstehen.<br />

Konnte nichts dazu sagen. Konnte es nur verursachen.« (Nachwelt.,<br />

S. 20)<br />

Ein grausames Idol scheint der abwesende Mann zu sein, grausam und<br />

furchtbar, weil seine Abwesenheit trotz des gemeinsamen Entwurfes <strong>di</strong>eser<br />

Reise (oder war <strong>di</strong>ese Reise gerade als ein Strategie des Sich-Entziehens<br />

ausgedacht? »Die Or<strong>di</strong>nation hatte er ja an seinen Vertreter übergeben.<br />

Für <strong>di</strong>e Reise nach Kalifornien hatte er Urlaub genommen.«) eben<br />

Gleichgültigkeit, Unerreichbarkeit (nicht einmal der Anrufbeantworter in<br />

seiner Wohnung ist eingeschaltet!), Starre, Un-Liebe beweist. Die Angst<br />

und <strong>di</strong>e hilflose Wut tauchen im Sprachduktus verdrängt auf, sowie <strong>di</strong>e<br />

Erinnerung an <strong>di</strong>e Adjektive, <strong>di</strong>e „er“ zu gebrauchen pflegt, um sie zu<br />

verunsichern, indem er ihr zu verstehen gibt, dass sie „herzlos“ sei, nicht<br />

anpassungsfähig genug, nicht unterwürfig genug, nicht „nett“ und „sanftmütig“<br />

und „verständnisvoll“ genug, wie eine „richtige“ Frau:<br />

»Er müsse. Und sie müsse das verstehen. Traude. Traude könnte das<br />

nicht allein. Traude konnte nichts allein. Und. Was für ein Gerangel<br />

um <strong>di</strong>esen Mann. Wie widerlich. Und wie nett für ihn. Er gewann in<br />

jedem Fall. Wenn sie das alles nicht verstand. Kein Verständnis aufbrachte,<br />

dann konnte er sie herzlos nennen. Eifersüchtig. Besitzgierig.<br />

Und unreif. Das war neu dazugekommen. Unreife. Es wäre ihre<br />

Schuld, daß alles so schwierig. Plötzlich.« (Nachwelt., S. 21)<br />

Die Wortwahl des Mannes verrät seinen Blickwinkel sowie seinen Vorzug<br />

im Spiel der Liebe, um ihn findet ein „Gerangel“ statt, es gibt eine<br />

ehemalige Frau, Traude, und sogar eine zwanzigjährige Stieftochter, um<br />

<strong>di</strong>e er sich kümmern musste.<br />

Wenn sie ihn anruft und endlich erreicht, muss sie sich damit abfinden,<br />

dass <strong>di</strong>e Distanz zwischen ihnen unüberbrückbar ist. Das wird durch<br />

Sprache wiederum signalisiert, <strong>di</strong>e Spuren des Unterbewussten wiedererkennen<br />

lässt, an den Ratschlägen, <strong>di</strong>e er Margarethe „väterlich“ gibt:<br />

»Sie müsse sich eben an <strong>di</strong>e Bar setzen, sagte er. In den Delis, Cafés

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