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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Nachwort 257<br />

Die Offenheit vollzieht sich also im Sinne der Pluralität, im Sinne eines<br />

„vielfältigen, heterogenen, pluralistischen Modells der Differenz“, auf welches<br />

zum Beispiel Hélène Cixous verweist, indem sie <strong>di</strong>e Unterschiede<br />

zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen und damit <strong>di</strong>e gewöhnlichen<br />

Oppositionspaare (wie Aktivität/Passivität, Kultur/Natur, Vater/<br />

Mutter, Kopf/Gefühl, Logos/Pathos) überwinden will.<br />

Wie wichtig <strong>di</strong>e Überwindung <strong>di</strong>eser Oppositionspaare im Leben und<br />

im Text sei, zeigt uns <strong>di</strong>e Erzählung Marianne Fritz’ durch <strong>di</strong>e groteske<br />

Übertreibung der Äußerlichkeit, <strong>di</strong>e brutal gewinnt, während <strong>di</strong>e Innerlichkeit<br />

unterschätzt und abgewürgt wird (siehe dazu Bertas Reflexionen,<br />

von Wilhelmine als Grübeleien verurteilt): <strong>di</strong>eser Gegensatz zwischen Äußerlichkeit<br />

und Innerlichkeit reproduziert <strong>di</strong>e Spaltung des Subjektes, das<br />

sich öffentlich anders als privat verhalten muss, um in der tra<strong>di</strong>tionellen Gesellschaft<br />

akzeptiert zu werden, und zwar<br />

»[...] seit es als bürgerliches Subjekt an der ökonomischen Herrschaft<br />

partizipierte ohne je politischen Einfluß zu besitzen. Damit war es<br />

<strong>di</strong>vi<strong>di</strong>ert in eine „Innerlichkeit“ und eine „Äußerlichkeit“, <strong>di</strong>e auch<br />

zwei verschiedene Formen von Kommunikation erforderten.« 5<br />

Mit-anwesend in <strong>di</strong>eser Arbeit ist aber auch <strong>di</strong>e Position der französischen<br />

Philosophin Luce Irigaray, <strong>di</strong>e in ihren Texten über <strong>di</strong>e Notwen<strong>di</strong>gkeit<br />

reflektiert, dass <strong>di</strong>e Frau zu sich selbst Selbstliebe empfinden und sich<br />

<strong>di</strong>e Fähigkeit aneignen soll, als Subjekt über das eigene Wesen zu reflektieren,<br />

und sich nicht mehr als Negativ oder Spiegelbild des Mannes zu verstehen.<br />

Da <strong>di</strong>e Frau infolge der kulturellen Tra<strong>di</strong>tion aus dem Sprechen ausgeschlossen<br />

worden ist, muss sie <strong>di</strong>e Spuren ihrer Abwesenheit wiederfinden<br />

und – <strong>di</strong>e Versuchung des Neutrums (des Schweigens) überwindend – nach<br />

einem eigenen Wort streben.<br />

Roman. Untersuchungen zur historischen Poetik, Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch Verlag,<br />

1989.<br />

5 Hedwig Appelt, Die leibhaftige Literatur. Das Phantasma und <strong>di</strong>e Präsenz der Frau in der<br />

Schrift, Weinheim, Berlin: Quadriga Verlag, 1989, S. 237-238: »Für Cixous zeichnet sich<br />

<strong>di</strong>e abendlän<strong>di</strong>sche Philosophie und Literatur durch <strong>di</strong>e endlose Wiederholung solch hierarchisierender<br />

Binarismen aus, <strong>di</strong>e ihren Ausgang von dem Paar männlich/weiblich nehmen.<br />

[...] Dieser logozentrischen Ideologie sucht sie deshalb ein vielfältiges und heterogenes<br />

Modell der Differenz entgegenzuseten.« Zu Hélène Cixous beziehe ich mich u. a. auf<br />

<strong>di</strong>e Interpretation Hedwig Appelts im Abschnitt „Die Verbindung von Feminismus und<br />

Literaturtheorie im Poststrukturalismus“, S. 237 ff.

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