Studia austriaca - Università degli Studi di Milano
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38 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />
bringt, aber sie auch weiterdenkt, indem sie nach ihrer Lösung im<br />
Sinne einer weiblichen Selbstidentifikation fragt.« 47<br />
In Bewegung bringen, de-konstruieren, (mögliche) Bedeutungen befreien,<br />
Hypothesen aufstellen, das Geschriebene lesen, um <strong>di</strong>e darin bewusst<br />
oder unbewusst versteckten Anregungen der Autorinnen zu entdecken<br />
und konsequent weiterzudenken bzw. andere LeserInnen weiterdenken<br />
zu lassen, darin besteht <strong>di</strong>e hier entwickelte Art und Weise der<br />
Annäherung an <strong>di</strong>e literarischen Werke, wie von Lindhoff auch empfohlen<br />
wird in Bezug auf den von ihr vorgeschlagenen Begriff der Lektüre:<br />
»Sie müßte auf der Konstitution einer weiblichen Subjektivität beharren,<br />
<strong>di</strong>e sich aber ihrer Konstruiertheit und Unabschließbarkeit bewußt<br />
ist und offen bleibt für unterschiedliche Sinnmöglichkeiten der<br />
Bestimmung von Frausein.«<br />
Und <strong>di</strong>ese Lektüre sollte sich, so führt sie weiter, auch ethisch auswirken,<br />
innerhalb einer intersubjektiven Struktur und in einer erhofften<br />
Richtung der Kollaboration:<br />
»In einer so verstandenen feministischen Praxis wären Nora und<br />
Dora nicht mehr Gegnerinnen, sondern Schwestern.« 48<br />
Dankbar will ich hier <strong>di</strong>e Arbeit einer anderen Frau, Rosemarie Lederer,<br />
erwähnen, 49 <strong>di</strong>e mir bestätigt hat, wie sehr <strong>di</strong>e Literatur an Bedeutung<br />
gewinnt für <strong>di</strong>e potentiellen LeserInnen, gerade weil sie – realistisch oder<br />
metaphorisch – eine tatsächliche, psychologische und soziale Problematik<br />
widerspiegeln bzw. verarbeiten kann.<br />
»Das Ich setzt sich als Ausgangspunkt und Bezugspunkt literarischer<br />
Formen […]. So ist <strong>di</strong>e Gegenwartsliteratur – insbesondere seit den<br />
späten sechziger Jahren – zum Seismographen für <strong>di</strong>e in<strong>di</strong>viduelle<br />
und (durch ihren Anteil am Allgemeinen) kollektive Befindlichkeit<br />
geworden.« 50<br />
Noch einmal wird <strong>di</strong>e Notwen<strong>di</strong>gkeit betont, sich von einer Position<br />
der Erstarrtheit, der Absolutheit, der Intoleranz zu befreien, um <strong>di</strong>e Viel-<br />
47 Lena Lindhoff (1995), S. XIV.<br />
48 Lena Lindhoff (1995), S. XIV.<br />
49 Rosemarie Lederer, Grenzgänger Ich. Psychosoziale Analysen zur Geschlechtsidentität in der<br />
Gegenwartsliteratur, Wien: Passagen Verlag, 1998.<br />
50 Rosemarie Lederer (1998), S. 301.