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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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Evelyn Schlag: Die Sehnsucht nach dem Gespräch 71<br />

chales, strenges, <strong>di</strong>e Wahrheit besitzendes Familienoberhaupt: sich selbst<br />

wünscht Robert <strong>di</strong>e Möglichkeit, endlich seine Ratlosigkeit auszudrücken:<br />

»Du kannst nur über <strong>di</strong>e Schule reden. Sagen, daß man sich am Ende<br />

fühlt. Ihm den Schrecken der Ratlosigkeit zumuten. Sagen: ich wünsche<br />

mir nichts stärker als jemanden, der Mitleid mit mir hat.« (BR,<br />

S. 15)<br />

Schon von Anfang an wird auch in <strong>di</strong>eser Erzählung das für Evelyn<br />

Schlags Werk typische Reflektieren über <strong>di</strong>e Prozesse des Schreibens offenbar:<br />

Regine hat zum Abendessen den Freund Max eingeladen, einen<br />

Schriftsteller, für den sie selbst frisches Brot gebacken hat. Für Robert ist<br />

Max ein Kritzler (BR, S. 16), aber <strong>di</strong>e abwertende Definition verrät den eigentlichen<br />

Neid: er ist auf den Gast nei<strong>di</strong>sch, weil er den Sinn seines Lebens<br />

in der Kunst gefunden hat, <strong>di</strong>e ihm eine innere Befrie<strong>di</strong>gung gibt,<br />

eine Sensation, <strong>di</strong>e Robert dagegen entbehrt:<br />

»Er beneidete Max, wie der ganz und gar von sich handeln konnte,<br />

sobald er seinen Beruf ausübte. Denn das war klar, daß <strong>di</strong>e großen,<br />

einzelnen Männer in seinen Romanen immer er selber waren.«<br />

(BR, S. 18)<br />

In <strong>di</strong>esen Romanen tritt <strong>di</strong>e selbstbewusste, selbstsichere Identität des<br />

Autors hervor, auf <strong>di</strong>e Brandstetter nei<strong>di</strong>sch ist:<br />

»Brandstetter wäre gern so eine von Maxens Figuren mit einem abkürzenden<br />

Initial gewesen.<br />

B.<br />

Dachte B.<br />

Sagte B.« (BR, S. 18)<br />

Umsonst versucht Robert, sich auf <strong>di</strong>e eigene Arbeit zu konzentrieren<br />

und einen Artikel über <strong>di</strong>e Messung von Marktanteilsveränderungen zu<br />

schreiben: er wird durch einen Namen, Max (»Max, Max, <strong>di</strong>eser andere<br />

Mann. Wie ein Knoten in deinem Gehirn« BR, S. 21) und durch einen Satz<br />

gequält (»Max treibt es mit Regine.«). Der Verdacht entspricht seinem<br />

Bewusstsein der eigenen Schwäche und der Unmöglichkeit, <strong>di</strong>e eigene<br />

Frau zu kontrollieren. »Warum hatte sie in ihrem Alter noch einmal zu<br />

stu<strong>di</strong>eren begonnen!« Er fragt sich aber auch, was Max, <strong>di</strong>eser beneidete<br />

Schriftsteller, mit seiner Frau gemeinsam haben kann. In Wirklichkeit ist<br />

Brandstetter nicht mehr imstande, mit Regine eine positive Beziehung<br />

weiterzuführen, weil er sie gering schätzt:

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