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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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240 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

Aber Helene ist nicht Berta, und nachdem sie <strong>di</strong>e erste Empfindung einer<br />

aufsteigenden Panik überwunden hat, beginnt sie ihre Meinung zu<br />

vertei<strong>di</strong>gen, ihre Wut zu äußern und zum Gegenangriff überzugehen, sogar<br />

mit der Drohung, <strong>di</strong>e Lehrerin selbst anzuklagen:<br />

» ›Glauben Sie nicht, daß Sie da übertreiben?‹ fragte Helene. Sie<br />

mußte achtgeben, vor Zorn nicht zu stottern zu beginnen. ›Wenn Sie<br />

es in Ihrem Unterricht nicht fertigbringen, <strong>di</strong>e Kinder zu freiwilliger<br />

Mitarbeit anzuhalten. Dann ist das Ihr Problem. Ich halte Angst für<br />

ein Zeichen von Intelligenz. Ich zwinge keines meiner Kinder, Dinge<br />

zu tun, vor denen sie Angst haben. [...] Wenn Sie nur einen Versuch<br />

machen, dem Kind mit einer Therapie nahezukommen, zeige ich Sie<br />

an.‹ « (Verf., S. 43)<br />

Ernsthaft-ironisch dargestellt, wirkt <strong>di</strong>e Szene in der Burg einfach erleuchtend<br />

und musterhaft: Helene hat <strong>di</strong>e Kinder zur Burg Kreuzenstein<br />

gefahren. Der Ausflug wirkt aber überaus „<strong>di</strong>daktisch“: der Führer zeigt<br />

den Kindern den Gebrauch der Foltergeräte und erzählt, wie <strong>di</strong>e „Hexen“<br />

dann alles „rasch zugegeben“ hatten. Die kleine Barbara will aber an seine<br />

Worte nicht glauben, und sie sagt es laut:<br />

» ›Es gibt keine Hexen‹, sagte sie und klopfte sich den Staub von den<br />

Jeans.« (Verf., S. 105)<br />

Dazu fragt der Mann spöttisch und abwertend:<br />

» ›Ach‹ sagte der Führer. ›Was weißt du denn schon. So ein kleines<br />

Ding wie du.‹ « (Verf., S. 105)<br />

Aber <strong>di</strong>e Kleine ist schon selbstsicher genug, um ihn zu duzen und mit<br />

einer Frage zu erwidern:<br />

»Barbara sah ihn an. ›Und was weißt du? Hast du das stu<strong>di</strong>ert?‹ fragte<br />

sie ihn.« (Verf., S. 105)<br />

Beim Anblick <strong>di</strong>eser Vorrichtungen, <strong>di</strong>e dazu <strong>di</strong>enten, „Frauen Stille<br />

beizubringen“, fühlt Helene ein physisches Unbehagen, in ihrem Bauch, hinter<br />

dem Nabel. Während den Erläuterungen des Führers ein herzhaft einverstän<strong>di</strong>ges<br />

Gelächter folgt, kann sie kaum schlucken, weil sie weiß, dass <strong>di</strong>e Geräte<br />

effizient funktioniert haben und nicht zuletzt wegen der makabren<br />

Ironie des Mannes:<br />

»Dann kamen <strong>di</strong>e Foltergeräte. Die Halskrausen und alle <strong>di</strong>e anderen<br />

Vorrichtungen, Frauen Stille beizubringen. Hier wandte sich der<br />

Führer besonders an <strong>di</strong>e Ehemänner. Gab ihnen allerhand Anleitun-

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