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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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70 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

nisse, sein Streben nach Glück und <strong>di</strong>e Entfaltung seiner Person realisierbar<br />

sind. 52<br />

Andererseits kann aber auch <strong>di</strong>e Erfahrung des Scheiterns und der<br />

Sinnentleerung in <strong>di</strong>eser Hinsicht positiv betrachtet werden, wenn solche<br />

Momente Anlass dazu geben, »bisherige Ziele im Hinblick auf neue Wertsetzungen<br />

zu überdenken.« 53<br />

Gerade aus der eigenen Krise, aus der Wahrnehmung der eigenen Zerbrochenheit,<br />

(»Selber sieht man zu und fühlt sich in alle Teile auseinanderfallen«,<br />

BR, S. 12) entspringt <strong>di</strong>e Entscheidung, mit etwas Neuem anzufangen.<br />

Die bewusste Wahl, der bewusste Verzicht auf <strong>di</strong>e sinnentleerten<br />

Positionen (»Ich möchte alle Verantwortung loslassen, der ganzen Menagerie<br />

den Rücken kehren«) verursachen eine neue Stellungnahme, <strong>di</strong>e zur<br />

stillen Herausforderung an <strong>di</strong>e anderen führt:<br />

»Ich lebe noch, ich bin noch da! Nehmt mich wahr, aber nehmt mich<br />

nicht immerzu so ernst!«. (BR, S. 12)<br />

Die physische Kraft des Mannes, <strong>di</strong>e Potentialität seines Körpers<br />

strengen plötzlich den Geist an, erfordern unmittelbare Aufmerksamkeit:<br />

»Weg mit den Kar<strong>di</strong>ogrammen der Verkaufszahlen, schaut euch<br />

einmal mein Herz an, meins, meins! Mir springt’s fast aus der Brust,<br />

so vollgestaut ist es mit Blut zum Leben.« (BR, S. 12)<br />

Die erzählerische Instanz lässt also den Protagonisten im inneren Monolog<br />

mit den starken Metaphern der Körperlichkeit <strong>di</strong>e unterdrückte<br />

Kreativität, <strong>di</strong>e physische und geistige Energie herausschreien.<br />

Ein Symptom dafür ist auch das Bedürfnis nach Luft, <strong>di</strong>e Atemnot, <strong>di</strong>e<br />

ihn sagen lässt:<br />

»Ich möchte Luft schöpfen bis ans Ende des Feldes. Immer auf der<br />

Suche nach dem Traum, der mir <strong>di</strong>ese Situationen ertragen helfen<br />

soll.« (BR, S. 14)<br />

Nicht nur <strong>di</strong>e Arbeitswelt, sondern auch <strong>di</strong>e Sphäre des Privatlebens ist<br />

dem Protagonisten unerträglich geworden: <strong>di</strong>e Frau, Regine, mit ihren<br />

Forderungen (»Regine würde ihn wieder drängen.«, BR, S. 14), und Martin,<br />

der Sohn, den er nach den Schularbeitsnoten fragen muss. Auch <strong>di</strong>e Identität<br />

als Vater wird daher in Frage gestellt, zumindest das Image als patriar-<br />

52 Metzler Philosophie Lexikon, S. 543.<br />

53 Metzler Philosophie Lexikon, ebenda.

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