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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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90 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

Gang gesetzt wird. Zur Selbstfindung muss <strong>di</strong>e Frau wieder an <strong>di</strong>e eigene<br />

Vergangenheit zurückdenken:<br />

»Dazu muß sie zurückkehren an den Ort ihrer Kindheit, Begebenheiten<br />

und Ängste aus <strong>di</strong>eser Zeit ausgraben, geheime Gedanken und<br />

Wünsche wiederentdecken, Verknüpfungen und Zurichtungsmechanismen<br />

enttarnen.« 69<br />

Positiver erscheint <strong>di</strong>e Figur des Großvaters, welcher der Ich-Erzählerin<br />

– und der Autorin, wie sie in den autobiographischen Bemerkungen<br />

mehrmals betont hat – das Schreiben beibrachte, schon in der Kindheit,<br />

während einer Reise der Eltern nach Amerika:<br />

»Die Verbindung mit der Mutter stellte der Großvater her, indem er<br />

mir auf mein Drängen hin Schreiben beibrachte. Ich schrieb zunächst<br />

in einem selbstgemachten Heft, das nur vier Blätter hatte.«<br />

(Die Kr., S. 56)<br />

Anders als <strong>di</strong>e Verbote des Vaters klangen <strong>di</strong>e Worte der Mutter und<br />

des Großvaters lobend und deswegen wirkten sie positiv:<br />

»Meine Schreibfehler wurden in der Post zwischen dem Großvater<br />

und der Mutter stolz und gerührt besprochen. Ich wurde gelobt.«<br />

(Die Kr., S. 56)<br />

Die ersten Versuche zum Schreiben entstanden also aus Sehnsucht, aus<br />

dem Begehren, aus der Notwen<strong>di</strong>gkeit, mit der abwesenden Mutter zu<br />

kommunizieren:<br />

»In Wirklichkeit habe ich nur aus Sehnsucht geschrieben, und immer<br />

nur der Mutter, der, wie ich vielleicht spürte, keine Wahl gelassen<br />

worden war.–« (Die Kr., S. 56)<br />

Inwieweit ist <strong>di</strong>ese Erzählung autobiographisch? Ist es <strong>di</strong>e Existenz der<br />

Autorin, <strong>di</strong>e sich zumindest teilweise, zumindest durch Brüche und Risse<br />

in dem Selbstgespräch Katherines widerspiegelt?<br />

Viele „In<strong>di</strong>zien“ in <strong>di</strong>eser Hinsicht geben dem Leser/der Leserin auch<br />

einige Ge<strong>di</strong>chte von Evelyn Schlag, wie <strong>di</strong>e Poesie Nach New York, 1957<br />

(Non scholae): <strong>di</strong>e Verse ver<strong>di</strong>chten und transponieren <strong>di</strong>e Erinnerung an<br />

den Großvater und an sein Fotografieren auf eine andere Ebene:<br />

69 Rosemarie Lederer (1998), S. 121-122.

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