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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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202 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

»Durch <strong>di</strong>e Verdrängung von Bestandteilen unseres Wesens werden<br />

wir zu dem, was wir sind. Indem wir unerfüllte Wünsche ins Unbewußte<br />

verbannt haben, sind wir handlungsfähig, sind wir der Allgemeinheit<br />

zumutbar.« 31<br />

Der kreative Mensch macht <strong>di</strong>e Verdrängung des Lustprinzips durch<br />

das Realitätsprinzip durch Sublimierung für <strong>di</strong>e Kulturgeschichte nutzbar:<br />

»Das Unbewusste ist wie eine Sprache beziehungsweise als eine Sprache konstruiert,<br />

es existiert nicht per se, sondern wird sprachlich geschaffen.<br />

Jeder Text, ob autobiographisch oder fiktional, ist eine sprachliche<br />

Äußerung, in <strong>di</strong>e sowohl Bewußtes als auch Unbewußtes einfließen.«<br />

32<br />

Das Problem einer „weiblichen“ Sprache, wobei das Wort „weiblich“<br />

sich ganz bestimmt auf eine Attitüde bezieht, <strong>di</strong>e Welt „anders“ zu sehen,<br />

ist also nicht end-gültig zu lösen. Es sollte sich um eine Sprache handeln,<br />

<strong>di</strong>e Erstarrung und Perfektion als etwas Totem entflieht und im Gegenteil<br />

das Leben<strong>di</strong>ge reproduzieren möchte, indem sie Emotio und Ratio verbindet<br />

und <strong>di</strong>e Entkörperlichung des Menschen besiegt. In der Schrift (und in<br />

der Rede) sollte man/frau den Körper sprechen lassen und auf eine neue<br />

Verbindung zwischen Materie und Geist abzielen, um ein harmonisierendes<br />

menschliches Selbstbild zu entwerfen: kein harmonisiertes, endgültig<br />

befrie<strong>di</strong>gtes Bild, keine Lebens-, Kunst-, oder Kritikrezepte, sondern<br />

ein Projekt, das sich weiter prozessual, „flüssig“ denkt, sich mit leben<strong>di</strong>gen<br />

Erfahrungen, mit Gegenseitigkeit als intersubjektivem Austausch von<br />

Worten und Gesten nährt, im stän<strong>di</strong>gen Wechselwirken der Perspektiven,<br />

und letztendlich <strong>di</strong>e Unvollkommenheit, <strong>di</strong>e Sterblichkeit, <strong>di</strong>e Zerbrechlichkeit<br />

der menschlichen Kreaturen in sich einbezieht.<br />

In einer philosophischen Perspektive will ich mich hier erneut auf den<br />

erwähnten Aufsatz Die Versuchung des Neutrums von Wanda Tommasi beziehen,<br />

<strong>di</strong>e uns daran erinnert, dass <strong>di</strong>e beiden Geschlechter, maskulin und<br />

feminin, von der Philosophie genannt worden sind, aber nur als „Arten“<br />

ein und derselben Gattung. Die Geschlechter<strong>di</strong>fferenz ist nur als Gegensatz<br />

gedacht worden, gegen <strong>di</strong>e Einheit des Seins, da <strong>di</strong>e beiden Geschlechter<br />

(maskulin und feminin) nicht <strong>di</strong>eselbe Würde bewahrt haben:<br />

31 Rosemarie Lederer (1998), S. 25.<br />

32 Ebenda. Lederer zitiert <strong>di</strong>esbezüglich Jacques Lacan und insbesondere den Text<br />

Das Drängen des Buchstaben im Unbewussten oder <strong>di</strong>e Vernunft seit Freud. In: Jacques Lacan,<br />

Schriften II, Olten: Walter, 1975, S. 14-55.

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