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Studia austriaca - Università degli Studi di Milano

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68 Das Leben in den Worten ~ <strong>di</strong>e Worte im Leben<br />

Immer wieder entfaltet sich <strong>di</strong>e stilistische Eigenart der Autorin, indem<br />

sich <strong>di</strong>e Beschreibung (»Plötzlich spürte er […]«) von etwas Äußerem, von<br />

einem von außen geschilderten Eindruck zur freien erlebten Rede, zum<br />

inneren Monolog mit Nuancen der Selbstbewertung, des Selbstmitleids<br />

(»Zum Weinen ist das.« BR, S. 8.), der Selbsterklärung und dann wieder zur<br />

Ebene der Erzählung entwickelt:<br />

»Auf einmal rotzt man wieder wie ein Zehnjähriger, steigt aus der<br />

Zivilisation des Erwachsenseins, wo so etwas nicht vorgesehen ist,<br />

und weint mit schiefem Mund um das, was man nicht bekommen<br />

hat.«. (BR, S. 8)<br />

Der nächste Satz bringt wieder <strong>di</strong>e <strong>di</strong>rekte Rede und <strong>di</strong>e erzählte Zeit<br />

zum Ausdruck:<br />

»Herr Doktor, <strong>di</strong>e Besprechung um elf Uhr, sagte Frau Bogners<br />

Stimme aus der Sprechanlage.« (BR, S. 8)<br />

Der Mann kann sich nicht mehr mit der Gesellschaft, mit der Realität<br />

identifizieren, d.h. mit dem großen, anerkannten ICH, und deshalb beginnt<br />

er durch <strong>di</strong>e Form des inneren Monologs das eigene Leiden zu signalisieren.<br />

Der männliche Hysteriker, schreibt von Braun, wehrt sich gegen<br />

<strong>di</strong>e „Mutter“ und spielt „Sohn“, indem er sich als Ausnahme erweist:<br />

»[...] aber, vergleichbar der hysterischen Karikatur von „Weiblichkeit“,<br />

ist <strong>di</strong>eser „Sohn“ <strong>di</strong>e Paro<strong>di</strong>e des „kindlichen Mannes“: der<br />

Hysteriker tanzt aus der Reihe, er fordert Sonderbehandlung, er fällt<br />

aus dem Gleichschritt.« 50<br />

So erfährt der Leser/<strong>di</strong>e Leserin, dass der Protagonist Robert keine<br />

Lust hat, an einem Seminar seiner Firma teilzunehmen, wo der Verkauf<br />

von Möbeln zum Hauptziel der Existenz propagiert wird.<br />

»Unsere Möbel sind also eine Ersatzbefrie<strong>di</strong>gung, dachte Brandstetter.«<br />

(BR, S. 11)<br />

Sie sollen der Ausgleich für ein nicht mehr als authentisch gefühltes<br />

Lebens sein:<br />

»Da stehen sie dann und sind keine Möbel mehr, sondern der Ausgleich<br />

für das dauernd und allerorts verpatzte Leben.« (BR, S. 11)<br />

50 Christina von Braun, Nicht ich: Logik, Lüge, Libido, S. 328.

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