25.10.2012 Aufrufe

Das Gold von Maraskan - Darpatien

Das Gold von Maraskan - Darpatien

Das Gold von Maraskan - Darpatien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Dann starrte er Dusan direkt in die glasigen Augen, der, beide bleiche Hände erhoben, als wolle er Haschen spielen,<br />

auf ihn zuwankte. Odilon versuchte ausweichen, aber sein bandagierter Knöchel gab nach, und mit einem<br />

Schmerzensruf sank er vor dem Untoten in die Knie. Eine ungestüme Handbewegung fegte ihm den Bogen aus der<br />

Hand, der klappernd gegen die gegenüberliegende Bordwand prallte. Odilon griff nach Wandelur, gerade<br />

rechtzeitig, um einen weiteren Hieb zu parieren, den die Leiche gegen ihn führte. Sauber durchtrennte er die Hand.<br />

Mit einem blutsprudelnden Stumpf wankte Dusan weiter auf Odilon zu, der zum Schanzkleid zurückwich. Im Tod<br />

war dieser verdammte Pirat mutiger, als er es im Leben jemals gewesen war. Schaudern spürte er, wie die<br />

verbliebene Rechte Dusans durch seinen Bart fuhr. Einen Moment lang berührten die nassen, kalten, toten Finger<br />

seine Wange, rissen die Fingernägel sie auf. Vor Grauen schreiend, hieb Odilon zu und trennte mit einem einzigen<br />

gewaltigen Hieb den Kopf vom Rumpf. Die Leiche sank in sich zusammen, wie eine Mirhamionette, der man die<br />

Fäden durchgeschnitten hatte. Odilon musste grimmig lächelnd. Mirhamionette, der Name passte...<br />

Gerade wollte er sich nach seinem Bogen umsehen, als sich der Riesenkrake mit einem wütenden Hieb auf seinen<br />

Kopf ins Gedächtnis zurückrief. Im letzten Augenblick tauchte er darunter weg. Der glitschige Krakenarm, mit<br />

unzähligen gelbweißlichen Saugnäpfen bedeckt, verhakte sich für einen Moment in einem Spalt in der Bordwand,<br />

die ein Rotzengeschoss dort hinterlassen hatte. Odilon nutzte seine Gelegenheit und hieb zu. Mit einem Schlag<br />

Wandelurs hatte er den gewaltigen Tentakel halb durchtrennt. Öliges Fischblut sprudelte über das Deck. Ein<br />

weiterer Hieb auf den Schlingarm, der Hesindian hielt, dann musste das Ungeheuer den regungslosen Magier fallen<br />

lassen. Mit der linken packte er ihn am Kragen, mit der Rechten und Wandelurs sichernd, zog er sich in Richtung<br />

der Treppe zum Achterdeck zurück und den Besinnungslosen hinter sich her. Dort nahm ihn Sigismund den<br />

schlaffen Körper aus der Hand. Dann war der vor Schmerzen rasende Krake auch schon heran. Ein Tentakel ruckte<br />

vor, stieß gegen Stahl, schlang sich um Odilons Stiefel. Ein beherzter Sprung zurück, die Treppe hinauf, brachte<br />

den Waldläufer erst mal in Sicherheit. Der hoch erhobene Achtertrutz trug ihren Namen nicht zu unrecht. Der<br />

gewaltige Krake, der seinen massigen Körper bereits halb in die Kuhl gezogen hatte, ließ sich wieder ins Wasser<br />

gleiten, um seinen Angriff weitern achtern zu erneuern. Von der Vordertrutz wankten und krochen die vier<br />

grauweißlichen Gestalten der übrigen Piraten heran, stöhnend, die leeren, leblosen Augen auf das fahle Licht der<br />

Hecklaterne gerichtet, dass sie anzuziehen schien wie die Motten. Odilon ging zum Heck und sah hinaus aufs<br />

nächtliche Meer. Dort erblickte er Tika und Mercurio, die sich mit dem Schinakel vom Heckspiegel entfernten, und<br />

Selbfried, der gefesselt am Bug kauerte. Höhnisch winkte der Schwarze Mendener ihnen zu, während sich Tika in<br />

die Riemen legte. Obwohl es finsterste Nacht war, konnte der Baernfarn auf diese Entfernung und im Licht der<br />

Hecklaterne das vor Anstrengung gerötete Gesicht der Verräterin sehen. "Ist das nicht ein herrliches Geschöpf der<br />

Tiefen Tochter, das ich gerufen habe, eigens zu eurer Vernichtung? Fahrt in die Niederhöllen, ihr vermaledeiten<br />

Höllenhunde!" lachte Mercurio. Hätte Odilon in diesem Augenblick seinen Bogen in der Hand gehabt, hätte er den<br />

Schwarzen Mendener für seinen Ausruf büßen lassen. So aber gewann das Schinakel rasch an Fahrt und war<br />

schließlich in der nebligen Dunkelheit verschwunden. Rötliche Fangarme schlangen sich um die Webleinen,<br />

Wanten und das andere stehende Gut des Besanmastes, krochen über die Reling der Achtertrutz und bewegten sich<br />

auf die Gefährten zu. Die Fran-Horas begann sich bedenklich nach Backbord zu neigen, <strong>von</strong> wo sich die<br />

Fleischmassen der Krake auf sie legten und sich hinaufzuziehen versuchten. Aus den Augenwinkeln sah<br />

Sigismund, wie <strong>von</strong> der Kuhl her bleiche Hände nach dem Treppengeländer griffen. Der wütende Schlag eines<br />

Tentakels, der Alvans Kopf um Haaresbreite verfehlte, zertrümmerte die Hecklaterne und löschte das Licht. Nun<br />

war es dunkel. Nun mussten sie kämpfen.<br />

Odilon stand an der Achtertrutz und stellte sich mit seinem Schwert dem Untier entgegen. "Sigismund, bring<br />

Gunelde und den Magier in Sicherheit! Und dann hol die Matrosen aus ihrem Verließ! Allein haben wir keine<br />

Chance!" rief Alvan dem Helligfarner zu. Sigismund warf sich den Bewusstlosen über die Schulter und zerrte<br />

Gunelde an der Hand hinterher. "Da rein!" rief er und deutete auf die Kajüte des Kapitäns. Er drückte der<br />

überraschten Geweihten den Magus in die Arme und verschwand unter Deck. Gunelde hätte den armen Hesindian<br />

beinahe fallen gelassen. Sigismund öffnete die Luke und sprang in die Tiefe. "Was ist los da oben" fragte Argon,<br />

ein übergelaufener Matrose der Greif.<br />

"Da fragst Du noch? Ein Riesenkrake greift das Schiff an, und der verderbte Käpt´n sie auf uns gehetzt. Hol die<br />

anderen, greif Dir ´nen Säbel und verteidige das Schiff, verdammt noch mal! ... Na wird´s bald? Wir sind alle in<br />

Lebensgefahr. Also komm auf in die Pötte!" Sigismund stieß den noch völlig verdatterten Matrosen förmlich in die<br />

Richtung des Mannschaftsquartiers. Dann hastete er die Leiter nach unten zur Bilge, wo die Gefangenen<br />

eingesperrt waren. Verdammt, auch das noch! Ein Vorhängeschloss! Hätte es ein Riegel nicht auch getan an der<br />

Falltür. Sigismund würde hier wertvolle Zeit verlieren. Hastig kramte er in einer seiner Gürteltaschen. Ebenso wie<br />

auch Alrik war er Streuner genug, um Erfahrung im Umgang mit verschlossenen Türen zu haben. Irgendwie,<br />

vielleicht aus Reflex, vielleicht aus Sentimentalität, hatte er den Nagel behalten, mit dem sie sich bereits zweimal<br />

befreit hatten. <strong>Das</strong> Schloss war einfach konstruiert, Schwierigkeiten würde er nicht haben. Aber natürlich verging<br />

wertvolle Zeit, ehe Sigismund es geknackt hatte. Endlich nahm er das Schloss ab, öffnete die Falltür, und ein wenig<br />

Licht der Laterne fiel nach unten herab. Frierende und <strong>von</strong> der Enge und Nässe der Bilge gezeichnete Gestalten<br />

waren dort zu sehen. "Raus mit Euch, Matrosen! Die Meuterei gegen die Dämonenknechte ist im Gange!"<br />

100

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!