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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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"Vater, der Gerechte. Dutzende hat er mit Wandelur erschlagen oder mit Bavhano Bvaith erschossen, aber er<br />

verabscheut Gewalt. Ich verabscheue Gewalt ebenso, deshalb hab ich verhindert, dass Gurban Efferjina Gewalt<br />

antut. Keine Sekunde bereue ich es. Ich gönne ihm jeden Augenblick des Schmerzes. Hoffentlich lebt er noch und<br />

hat noch ein paar leidvolle Stunden vor sich, ehe er verblutet. Hast Du überhaupt eine Ahnung, wie Efferjina sich<br />

fühlt? Was alle anderen Mädchen empfinden, die seinem Wüten zum Opfer gefallen sind?"<br />

"Alvan, ich verstehe ja Deinen Schmerz. Aber wir wollen uns doch nicht auf dasselbe Niveau wie diese Schurken<br />

begeben und so grausam..."<br />

"Ach Vater, deine Moralsüchtelei geht mir tierisch auf den Geist. Du hast überhaupt keine Ahnung <strong>von</strong> den<br />

Gefühlen einer Frau, und trotzdem redest Du als hättest Du Schwester Hesindes Weisheit aus Flaschen getrunken.<br />

Gurban hat nichts anderes verdient als zu verlieren, womit er Efferjina ein Leid antun wollte. Ich habe es genossen.<br />

Jawohl, ich habe mich gut dabei gefühlt. Ich würde wieder so handeln."<br />

Odilon wollte zu einer Antwort ansetzen, aber ihm blieben die Worte in seiner Kehle stecken. Er war schlicht<br />

fassungslos angesichts der gezeigten Grausamkeit seiner Tochter. Von den Söldnern hätte er nichts anderes<br />

erwartet, aber <strong>von</strong> seiner Tochter.<br />

"Dennoch, Alvan, hast Du sehr eigensinnig gehandelt." Alrik mischte sich ein. Sigismund und mich hätte der<br />

Söldner beinahe getötet, weil wir nicht auf den Angriff vorbereitet waren. Ich jammere dem Schurken gewiss keine<br />

Tränen nach, aber Du hast sehr unüberlegt gehandelt. Wir müssen uns bei so einer Sache mehr aufeinander<br />

abstimmen um unser aller Leben zu schützen."<br />

Dem konnte wiederum Alvan nicht viel entgegensetzen. "Ich konnte nicht zusehen, was er mit Efferjina macht.<br />

Hättest Du erlebt, was ich erlebt habe, würdest Du das verstehen."<br />

"Es ist gut, Alrik. Wir haben es alle überlebt, und wir hätten uns auch sonst nicht absprechen können ohne dass die<br />

Söldner es mitbekommen hätten. Es wäre früher oder später darauf hinausgelaufen, dass einer das Signal gibt und<br />

die anderen schnell reagieren müssen. Aber darum geht es doch nicht. Odilon, Du maßt Dir an über etwas zu<br />

richten, was Du nicht verstehen kannst. Keiner <strong>von</strong> uns kann das, und es steht uns nicht zu Alvans Handeln in<br />

Frage zu stellen. Wir haben ja gehört, was Ortwin uns in Gipflak angeboten hat, und wir können ja daraus<br />

schließen, wie sie sich gegenüber den <strong>Maraskan</strong>ern verhalten haben. Nein, ich kann kein falsches Handeln<br />

erkennen." Beschützend legte Sigismund den Arm um Alvans Schultern.<br />

"Ich muss zugeben, es war effektiv. Aber es war völlig überflüssig und zudem auch noch gefährlich, Gurban den<br />

Gnadentod zu verwehren. Einen Schurken zu töten, mag ihn da<strong>von</strong> abhalten, weiteres Unrecht zu tun. Aber es gibt<br />

keine Veranlassung dazu, sein Leiden zu verlängern oder zu erschweren. <strong>Das</strong> meine ich mit unnötiger Grausamkeit.<br />

Ja, als Jäger haben meine Pfeile schon manchem das Leben genommen. Menschen wie Tieren. Aber ich lasse keine<br />

Beute, keinen Feind, verbluten und erfreue mich an seinem Leiden. <strong>Das</strong> darf nicht sein, wenn wir <strong>von</strong> uns<br />

behaupten wollen, auf der richtigen Seite zu stehen. Und in diesem Fall ist es zudem gefährlich. Es ist nicht<br />

ausgeschlossen, dass es Gurban gelingt das Ufer zu erreichen bevor er verblutet und noch berichten kann. Dann<br />

hätten wir sehr bald Verfolger auf unseren Fersen, wenn die Besatzer wissen, dass mittelreichische Freischärler auf<br />

<strong>Maraskan</strong> weilen."<br />

Alvan wandte sich ab, ihr Vater wollte sie einfach nicht verstehen, und sie war es leid, sich rechtfertigen zu<br />

müssen.<br />

"Könnt ihr vielleicht Euren lächerlichen Streit beenden." Hesindian hielt nicht viel <strong>von</strong> dem Disput seiner<br />

Gefährten. "Es gibt wichtigeres zu tun. Vielleicht hilft mir mal jemand dabei, Gunelde wieder auf die Beine zu<br />

bekommen. Und Alvan und Efferjina sollten sich mal eher darum kümmern, dass wir auf dem richtigen Kurs<br />

bleiben, schließlich kann außer den beiden keiner so wirklich ein Boot steuern."<br />

"Ach, der Herr Magus gibt jetzt die Befehle an Deck..." spöttelte Alrik.<br />

Hesindian schüttelte ungehalten den Kopf. "Wir sind bei der ganzen Metzelei schon ein gutes Stück vom Kurs<br />

abgekommen und treiben aufs offene Meer." Tatsächlich flatterte das Segel kraftlos im Wind.<br />

"Nun, für so lächerlich halte ich unseren Streit eigentlich nicht, Herr Magus" knurrte der Gallyser. "Immerhin ist<br />

gerade Blut geflossen, sehr viel Blut. Mir macht es keinen Spaß, wenn Menschen bestialisch getötet werden, egal<br />

wie sehr sie es für manche hier verdient haben mögen. Aber ansonsten habt Ihr schon recht" Odilon sah zu dem<br />

schwarzen Schatten, der die Küste bedeutete und sich nun rasch in der Dämmerung auflöste. Draußen auf dem<br />

Meer, wo die Leichen der Erschlagenen trieben, erschienen nun mehrere dreieckige Rückenflossen. Gurban würde<br />

die Küste nicht mehr erreichen, soviel stand fest. Jedenfalls nicht lebend.<br />

"Alvan, geh an die Ruderpinne. Efferjina, kümmere dich bitte um das Segel. Sigismund, du hilfst ihr dabei."<br />

"Aye, Aye, Käpt´n!" brummte der Streuner und verengte kaum merklich die Augenbrauen. Ein leises "Unser<br />

zartbesaitetes Kuschelbärchen muss halt immer das letzte Wort haben." war zu hören.<br />

"Wie meinen?" Irgendwie klang Odilons Stimme arroganter, als er es beabsichtigt hatte. Breitbeinig stellte er sich<br />

in die Mitte des Kutters und ließ sein Haar flattern.<br />

Der Streuner imitierte eine Verbeugung, die ein wenig an den unterwürfigen Ortwin Natter erinnerte. Irgendwie<br />

scheint sein Geist noch mit auf dem Boot zu stehen, dachte Hesindian, der die Szene beobachtete. Oder sein<br />

Ungeist.<br />

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