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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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Schließlich hörte er einen Ruf, blechern und hohl, als käme er durch ein metallenes Sprechrohr. "He, Mercurio, was<br />

ist los bei euch? Warum habt ihr Anker geworfen?"<br />

Keine Antwort, natürlich nicht. Einen Augenblick lang glaubte Odilon ein dumpfes Wummern und ersticktes<br />

Stöhnen aus dem Verlies zu hören. Offenbar versuchte einer der Gefangenen, auf sich aufmerksam zu machen.<br />

Sollte er nur. Wenn er, Odilon, das Geräusch kaum zu Gehör bekam, würden die anderen Xeraanier es erst recht<br />

nicht wahrnehmen.<br />

"He, ist da jemand? Bei allen Tentakeln der Tiefen Tochter, was ist los?"<br />

Odilon hängte sich über die Reling, bereit, ins Wasser zu gleiten, sobald die Greif längsseits gehen würde. Aber<br />

genau das war nicht der Fall. Offenbar befürchteten die anderen einen Hinterhalt der Aranier.<br />

So gesehen kam es Odilon gar nicht einmal so ungelegen als ein halblautes "Hilfe!" aus dem Rumpf der<br />

Asmodena-Horas erklang. Dann ein Rumpeln und Krachen, wie <strong>von</strong> einem Handgemenge. Einen Augenblick lang<br />

wurde ihm trotz der frischen Seeluft und der Kühle vom Meer her heiß. Irgendeiner da drinnen machte Radau,<br />

vermutlich der vierschrötige Sauerbrot. Nun denn, auf der "Greif" würde diese Botschaft hoffentlich erst recht<br />

Neugierde wecken.<br />

Tatsächlich, der Köder lockte den Haifisch an. Odilon hörte Rudergeräusche, ein rhythmisches Platschen und<br />

Quietschen der Dollen.<br />

Verdammt, die schlauen Burschen gingen nicht längsseits, sondern schickten erst mal ein Enterkommando. <strong>Das</strong><br />

hatte er bei seinem Plan nicht bedacht.<br />

Immerhin, damit teilten sie ihre Kräfte, was schon einmal ein schwer wiegender taktischer Fehler war. Blieb nur<br />

noch das Problem, wie er die sicherlich mehrere Dutzend Schritt bis zur Greif zurücklegen sollte. Hastig verstaute<br />

er seine Gewänder zu einem Bündel und versenkte sie an einem Strick neben dem Boot. Dann glitt er ins Wasser.<br />

Keinen Augenblick zu früh, denn die schlauen Burschen machten sich daran, die Schi<strong>von</strong>e erst einmal aus sicherer<br />

Entfernung zu umrunden. Zum Glück hatte das Rumoren im Schiff nachgelassen. Nur das Knarren der Spannten<br />

und Taue, das Flattern der Segel und das Klatschen der Wellen waren noch zu hören - und die Geräusche vom<br />

Ruderboot. Salziges Wasser schlug Odilon bis zur Unterlippe, als er im Meer versank, Salz brannte in seinen<br />

Augen. Verdammt, die Xeraanier verhielten sich überhaupt nicht so, wie er sich das wünschte. Odilon ging hinter<br />

dem Boot in Deckung. Regen begann herabzuplätschern, erschwerte den Ruderern die Sicht.<br />

Neben Odilon schaukelte unschuldig eine verkorkte Tonflasche, offenbar leer. Efferd mochte wissen, wer sie ins<br />

Wasser geworfen hatte. Plötzlich hatte er eine Idee. Mit dem Dolch bohrte er ein fingerbreites Loch in den<br />

Flaschenboden und nahm den Hals in den Mund. Dann drückte er sich am mit Algen und Muscheln bewachsenen<br />

Schiffsrumpf der Schi<strong>von</strong>e nach unten, ins Dunkle, grüngraue Wasser, tauchte mit der Flasche in der Hand zur<br />

Ankerkette, wobei er den Daumen auf das Loch presste, hielt sich mit der Rechten an der Kette fest und hob den<br />

Flaschenhals wie ein Atemrohr an den Mund. Tatsächlich, es funktionierte, er konnte unter Wasser atmen und<br />

sogar ein wenig sehen, wenn auch nur einen grauen Schleier. Die Augen brannten niederhöllisch. <strong>Das</strong> Boot kam<br />

mit großem Lärm heran - fast hätte er meinen können - es rudere über ihn hinweg, was aber sichtlich eine<br />

Sinnestäuschung war -und ging längsseits. Nachdem er sicher war, dass die Besatzung das Schinakel verlassen<br />

hatte, tauchte Odilon vorsichtig auf. Tatsächlich, der letzte Pirat kletterte gerade über die Reling.<br />

Er schwamm um den Bug der Schi<strong>von</strong>e herum und sah zur Greif hinüber. Sie war näher, als er es <strong>von</strong> der<br />

Geräuschkulisse her erwartet hätte, höchstens zwanzig Schritt backbord. Als guter Schwimmer konnte er diese<br />

Strecke auch tauchend bewältigen.<br />

Er holte ein paar Mal ruhig und tief Luft und tauchte dann hinunter in die kalte, grüngraue Tiefe, den massigen<br />

Leib des Greifen immer vor Augen. Mit kräftigen Arm und Beinbewegungen durchschnitt er in einigen Schritt<br />

Tiefe das salzige Wasser. Schon auf der Hälfte des Weges begann sein Brustkorb zu schmerzen. Der Drang zu<br />

Atmen nahm überhand. Aber er durfte jetzt noch nicht auftauchen, oder er wäre des Todes.<br />

Mit Sternchen vor Augen schwamm er weiter, taumelte halbblind und halberstickt dem großen Schatten entgegen,<br />

hörte kaum definierbare Geräusche - Stimmen? Knarren? Wellenschlag? - <strong>von</strong> der Wasseroberfläche.<br />

Schließlich ertasteten seine Finger den glitschigen, mit Algen und Muscheln bewachsenen Rumpf des Kauffahrers.<br />

Mit einer letzten Willens- und Kraftanstrengung tauchte er nach unten, riß sich den Rücken übel an einer der<br />

Muscheln auf, packte den Kiel mit beiden Händen und schoss dann auf der anderen Seite, einen kleinen<br />

Fischschwarm auseinanderscheuchend, nach oben. Prustend und keuchend stieß er seinen Kopf aus dem Wasser,<br />

achtete nicht mehr auf Heimlichkeit. Luft, atmen, endlich wieder Luft...<br />

Zum Glück schienen die Piraten allesamt gespannt auf die Fran-Horas zu starren, die Hand vermutlich bereits am<br />

Abzug der Rotzen, als dass sie ihn bemerkt hätten. Erst jetzt merkte er, dass er zu weit unten schwamm, als dass er<br />

an Bord hätte klettern können.<br />

Nachdem er sich einige Atemzüge lang erholt hatte, schwamm er zum Heck. Über das Ruderblatt musste er<br />

irgendwie in die Kajüte gelangen können. Geschickt hangelte er sich hinauf, rutschte wieder ab, versuchte es<br />

erneut. Tatsächlich hing er irgendwann am Fenster, schnaufend, sich mit der einen Hand am Fensterbord, mit der<br />

anderen an irgendeinem Schnitzwerk festhalten. "Fensterln im Golf <strong>von</strong> Perricum, na wunderbar!" flüsterte er, nur<br />

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