Das Gold von Maraskan - Darpatien

Als die Reisenden um einen kleinen Hügel herum geritten waren erblickten sie die ärmlich anmutenden Hütten von
Orweiler.
"NEEEEEEEEEEIIIIIIIIN !!!"
Klirrend zerbarst irgendetwas etwas Zerbrechliches an der Wand der kleinen Blockhütte, die dem Edlen von
Orweiler als "Gutshof" diente.
Eine bleiche, zottelhaarige Gestalt mit zerfetzter schmuddeliger Robe lief erregt gestikulierend im Inneren der
Hütte herum, in die Alvan und ihre Gefährten verlegen starrten.
Alrik, der zunächst allein mit seinem Freund hatte sprechen wollen, wich bis zur Tür zurück.
"Ich... ich werde niemals wieder einen Fuß DORTHIN setzen! Niemals! Hörst Du? Niemals!" erklang die sich
überschlagende Stimme des Magus.
Der Baron von Friedwang schlug hinter sich die Tür dazu, dann war erregtes Gerede zu hören. Alvan verstand
lediglich die Worte "Wahnsinn" und "Selbstmord", die allerdings regelmäßig wiederkehrten.
"Verrückt ist also ein bisschen übertrieben." Sigismund schüttelte den Kopf. Sein Blick ging über Orweiler hinweg,
drei kleine geduckte Bauernhöfe, die wie demütige Büßer entlang der Straße nach Bohlenburg standen. Hesindians
Blockhütte war, wenn man so wollte, das vierte und jüngste Gebäude des "Dorfes" und stand ebenso wie Alriks
Begleiter auf einem kleinen Hügel auf der gegenüber liegenden Seite.
Der Regen ging mittlerweile wieder in Schnee über - selbst das Wetter schien also mittlerweile völlig
übergeschnappt zu sein." Alrik hat schon recht" meinte Gunelde. "Wir könnten einen Magier schon gebrauchen."
Alvan nickte: "Es gibt vieles, was man nicht mit dem Schwert bekämpfen kann. Vor allem dort, wo wir hinwollen."
"Wollen wir denn dort hin? Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr muss ich dem werten Herrn Alrik recht
geben. Die ganze Reise erscheint mir nun auch ein wenig gewagt."
"Guneldes Traum scheint von Bruder Boron selbst gesandt worden zu sein. Es ist unsere Pflicht, die Gebeine des
toten Barons nach Friedwang zu bringen, um sie dort zu bestatten." Wie zur Bestätigung krächzte irgendwo über
dem schweigenden Wald ein Schwarm Krähen.
"Ich dachte, ein Leichnam wäre für dich nur eine leere Hülle, etwas, was ohnehin keine Bedeutung für die, wie
nennst du sie, `Anwesenden´ mehr hat?“
"Alles auf der Weltenscheibe hat seine Bedeutung. Es vermehrt bereits die Schönheit der Welt, die Überreste eines
tapferen Mannes aus dem Reich der Geschwisterlosen in seine Heimat zu bringen. Außerdem gibt es da noch das
Wasser der Heiligen Taluedquelle, das nicht in die Hände der Dreckigen fallen darf. Und es wird in die Hände der
Bruderlosen fallen, wenn sie auf der Suche nach Knochen das Grab des Barons entdecken. Vergiss nicht, dieses Tal
der Glühwürmchen liegt nur wenige Meilen von der Straße zwischen Tuzak und Jergan entfernt. "
"Ich weiß nicht. Mir kommt das alles reichlich makaber vor. Außerdem war die Beschreibung dieses Bauern
ziemlich dürftig: Lichtung im Urwald. Ein Tal der Glühwürmchen rechterhand der Straße nach Jergan. Am
Eingang zwei Felsen, die entfernt wie Raben aussehen. Eine ausführliche Wegbeschreibung hört sich für mich
anders an."
Die Halbelfe nickte ernst. "Das stimmt schon. Glühwürmchen und Leuchtkäfer hat es im Regenwald viele, Täler
auch." Die Edle von Nordenheim wandte sich der Therbûnitin zu, die sich geistesabwesend, wie im Gebet, die
Beine vertrat. "Sagt, Gunelde, wisst Ihr noch, wie der Baum aussah, in dem die Priesterin den Krug versteckt hat,
die aus Eurem Traum? Vielleicht hilft uns das ja ein wenig weiter."
Das Gesicht der Perainedienerin hellte sich auf, als die Rede auf Pflanzenkunde kam. "Aber natürlich. Das wollte
ich Euch schon lange erzählen, habe seit Friedwang nicht mehr daran gedacht. Der Baum sah wirklich markant aus,
eher wie ein großes Faß als eine Pflanze. Etwa zwanzig Schritt hoch, würde ich schätzen, und dabei bestimmt zehn
Schritt breit. Die Äste saßen weit ob an, waren ziemlich kurz und ihre Blätter eigenartig gefranst. An Blüten kann
ich mich nicht erinnern, wenn, dann waren sie unscheinbar. Alles in allem ein merkwürdiger Anblick. Und dann
diese Geräusche vom Stamm her, dieses ständige Seufzen, Pochen, Flüstern und Knarren. Richtig unheimlich klang
das."
Alvan nickte: "Ein Trommelbaum. Ich glaube, im Südmeer nennen die Eingeboren ihn wegen seiner Form sogar
tatsächlich Faßbaum. Die Maraskaner glauben, dass in manchen von ihnen ein Geist haust, den sie Karamujin
nennen, den unsichtbaren Schüttler. Kein schlechtes Versteck. Ein Trommelbaum ist innen hohl, und durch die
Geräusche, die er deswegen von sich gibt, werden Neugierige abgeschreckt, während man selbst den Baum leichter
wieder zu finden vermag. Nun, das ist immerhin schon einmal ein Anhaltspunkt."
"Ein Geisterbaum also." Sigismund schauderte. Dann beruhigte er sein Pferd, das ruckartig am Zügel zerrte.
"Seltsam, dass die Friedwangen ihren Baron ausgerechnet im Schatten eines solchen unheimlichen Baumes
begraben haben. Die waren doch ohnehin mit ihren Nerven am Ende. Ich bin es ja auch bald, wenn ich noch länger
Geschichten von modrigen Gräbern unter pochenden Bäumen lauschen muss, bei Praios!"
"Vergiss nicht, dass Retos Maraskanfeldzug schon beinahe vierzig Jahre her ist. Dieser Faßbaum hier scheint noch
nicht völlig ausgewachsen zu sein, meistens sind sie bis zu dreißig Schritt hoch. Zurzeit, als Alboran begraben
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