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Das Gold von Maraskan - Darpatien

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Hesindians Zauber hatte sie davor schützen können. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie ein Stück Holz zwischen die<br />

Zähne gesteckt bekommen hatte. Gunelde hatte es ihr in den Mund gesteckt, damit sie sich nicht in einem Reflex<br />

die Zunge abbeißen konnte. Die Therbunitin nahm ihr den Stock aus dem Mund. Obwohl das Holz durch den<br />

Einfluß des Salzwassers steinhart geworden war zeichnete sich ein deutlicher tiefer Gebissabdruck darin ab.<br />

Alvan sah ihre Gefährten an. Odilon hatte sein durch nichts zu erschütterndes fröhliches Gesicht aufgesetzt, aber<br />

Alvan kannte ihren Vater gut genug, um zu wissen, was in ihm vorging. Er hatte gewiss Mühe, den Schmerz zu<br />

unterdrücken, den seine Wunden verursachten. <strong>Das</strong> Bein war verbunden, der Verband mit Blut durchtränkt, und<br />

auch um die Brust war ihr Vater bandagiert.<br />

Sigismund stöhnte und wimmerte leise. Der Pfeil hatte seine Hand glatt durchschossen. Gunelde hatte sich auch um<br />

diese Wunde schon gekümmert. Alrik war unverletzt, aber er sah ausdruckslos an die Wand. Von allen ging ihm<br />

wohl der Tod Hesindians am nächsten. Alvan hatte den Verlust des Gefährten noch nicht wirklich realisiert. Sie<br />

hatte immer noch genug damit zu tun, das Bild Gions vor ihrem geistigen Auge zu verdrängen. Einzig Selbfrieds<br />

Gesicht zeigte keinerlei Reaktion.<br />

Vegsziber kam in Begleitung einiger Matrosen in die Kajüte. Auf einen Wink des Schmugglerkapitäns hin nahmen<br />

zwei Matrosen die Waffen der Gefährten an sich. Nicht einmal Alrik protestierte dagegen. Er sah ein, dass jeder<br />

Protest sinnlos war.<br />

„Hätte nicht Ruramid Euch geschickt, dann würde ich Euch jetzt sofort kielholen lassen. Ihr seid so ziemlich die<br />

dümmsten Garethjas, die mir je untergekommen sind. Was fällt Euch ein, die Schergen der Sultanija an unseren<br />

Landeplatz zu führen. Jetzt dürfen wir uns eine neue Stelle suchen! Außerdem habt ihr zwei meiner Leute auf dem<br />

Gewissen. <strong>Das</strong> waren gute Matrosen, fromme <strong>Maraskan</strong>ijas, die für Euren sinnlosen Kampf ihr Leben ließen.“ Der<br />

maraskanische Akzent des Kapitäns war unüberhörbar.<br />

Vegsziber sah die Gefährten vorwurfsvoll an. „Ich habe meinen Zweifel, dass das, was Ihr verursacht habt, wirklich<br />

der Schönheit der Welt förderlich ist. Schließlich seid Ihr ja Garethjas und reist gar mit einem Praioten. Einem<br />

Mann, dessen Kirche über Jahre hinweg dazu beigetragen hat, unser Volk zu knechten und zu unterdrücken.“<br />

„Heda, Heidenrebell, wage er es nicht, so lästerlich <strong>von</strong> der Heiligen Kirche des Praios zu reden...“<br />

„Schweig still!“ unterbrach Vegsziber den Inquisitor. „Ich werde Euch für Euer Verbrechen töten.“ Vegsziber sah<br />

fragend einen der Seefahrer an, der neben ihm stand. „Aber da wir <strong>Maraskan</strong>ijas uns nicht so barbarisch verhalten<br />

wie Ihr Garethjas werden wir Euch nicht einfach so niedermetzeln, obwohl ihr das verdient hättet. Ihr werde vor ein<br />

Gericht gestellt werden.“<br />

Vegsziber hielt kurz inne und schöpfte Atem, ehe er fortfuhr. „Die Gesetze des Freien <strong>Maraskan</strong> – und diese galten<br />

einst in Boran ebenso wie jetzt in Sinoda, und damit auch an Bord dieses Schiffes, sehen mich als Kapitän dieses<br />

Schiffes als Richter vor, soweit keine Hafenstadt mit einem ordentlichen maraskanischem Gericht erreichbar ist. Da<br />

ihr in Jergan wieder <strong>von</strong> Bord gehen wollt fällt es also mir zu, über Euch Gericht zu sitzen.“ Erst jetzt bemerkten<br />

Alrik und Alvan, dass einer der Seefahrer – der Kleidung nach offenbar einer der Offiziere an Bord, zwei alte<br />

Bücher in der Hand hielt. Lejia Punija eta Reojin <strong>Maraskan</strong>ijim stand auf dem einen, <strong>Maraskan</strong>iji Lejia Oceanos<br />

entzifferte Alvan. Strafrecht des Königreiches <strong>Maraskan</strong> und <strong>Maraskan</strong>isches Seefahrtsrecht übersetzte die<br />

Halbelfe. Die Gesetzbücher waren also mindestens vierzig Jahre alt, da sie vor dem Sieg Retos bei Jergan gedruckt<br />

worden waren. Vermutlich waren das einige der ersten Werke, die im Tuzaker Buchdruckverfahren gedruckt<br />

worden waren.<br />

„Durch Euer Verhalten haben zwei <strong>Maraskan</strong>ijas den Tod gefunden. Daher klage ich Euch an wegen Unbewusster<br />

Mordung.“<br />

„Fahrlässige Tötung heißt das.“ unterbrach Selbfried. „Als Lehensleute <strong>von</strong> Stand des Raulschen Reiches haben<br />

diese fünf hier Anspruch darauf, einzig nach kaiserlichem Gesetz vor einem kaiserlichen Gericht beurteilt zu<br />

werden. Als Geweihtem des Herrn Praios darf ich selbstredend nur vor ein kirchliches Gericht gestellt werden.“<br />

„Irrtum, Praiot. <strong>Maraskan</strong>isches Recht wurde vom König <strong>von</strong> <strong>Maraskan</strong> erlassen und kann auch nur <strong>von</strong> diesem<br />

außer Kraft gesetzt werden.“ mischte sich der Offizier mit den Büchern ein. Offenkundig war er in rechtlicher<br />

Materie vertraut. „An Bord eines Schiffes eines jeden Reiches gilt das Recht des Reiches, unter dessen Flagge das<br />

Schiff fährt. So festgelegt in der Übereinkunft des Nautischen Kongresses zu Havena im Jahr 788 nach dem Fall<br />

Bosparans zwischen Emissären des Garethischen und des Vinsalter Reiches. Diese Übereinkunft wurde <strong>von</strong> allen<br />

seefahrenden Staaten anerkannt, ebenso <strong>von</strong> Königin Umradjida <strong>von</strong> <strong>Maraskan</strong>. Somit erübrigt sich jeder Disput<br />

über die geltende Rechtslage.“<br />

„Der zweite Anklagepunkt lautet auf Bedrohung und Piraterie, und des weiteren Verrat und Kooperation mit<br />

Feinden des Freien Königreiches <strong>Maraskan</strong>.“<br />

„Niemals werde ich die Zuständigkeit eines...“<br />

„Euer Gnaden, würdet ihr gütigerweise mir als mit maraskanischer Kultur vertrauten Person gestatten, die<br />

Verhandlung weiter fortzusetzen?“ unterbrach Alvan den Inquisitor.<br />

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