Das Gold von Maraskan - Darpatien

jenem Erzdämonen geweiht, den man als den Feind der Treue kennt, Travia steh´ uns bei. Wer ihm dient, ist auf
zwanghafte Weise unstet und zu ständigem Verrat sowie zur ruhelosen Wanderung verdammt, Eigenschaften, die
alle auf unseren tobrischen Luden zutreffen würden."
"Ja, und die dämonischen Diener dieser Wesenheit sind obendrein dafür berüchtigt, Zwietracht in den Reihen der
Rechtgläubigen zu säen" erklang die leicht stockende Stimme des Magiers, der nun ebenfalls vor den Schrein trat.
"Mag sein, dass es auch der Widersacher Travias und nicht allein der Feind Rondras war, der uns draußen auf dem
Boot in diesen unseligen Streit geraten ließ."
Odilon blickte betreten zu Boden. "Ich hoffe, dass es wirklich auch Dämonenwerk und nicht allein unser eigener
Fehl war."
"Auf jeden Fall ist es gut, dass diese Klapperschlange jetzt abgemurkst im Perlenmeer treibt" meinte Alrik. "Der
Schweinehund hätte uns bei erstbester Gelegenheit selbst ans Messer geliefert, da bin ich mir sicher."
Ein, zwei weiter Mal erklang das schrille, krächzende Kreischen, aber diesmal deutlich schwächer und ferner.
"Sie fliegen nordöstlich an uns vorbei" meinte der Gallyser, nachdem das Gackern, Brüllen und Kreischen des
Dschungels wieder eingesetzt hatte (tatsächlich, erst jetzt hatte er bemerkt, dass der Regenwald totenstill geworden
war, als sich die unheiligen Wesenheiten genähert hatten). "In Richtung Jergan..."
"So sind wir an Jergan schon vorbei?" fragte der silberhaarige Magus nach einem Moment des Nachdenkens
erstaunt. "Ich dachte, das flackernde Leuchten an der Küste vorhin wäre ein Fischerdorf."
"Nein, nach meinen Berechnungen müsste sich die Stadt einige Meilen dort drüben befinden, im Norden jenseits
des Dschungels." Odilon, der einen Schritt auf den morschen Steg hinausgetreten war, wies in die Dunkelheit.
"Warum auch nicht. Wir hatten seit Gipflak die ganze Zeit Rückenwind und sind außerordentlich schnell
vorangekommen."
Alrik spähte in die entgegengesetzte Richtung. "Das heißt dann aber auch, dass das Tal der Glühwürmchen sich
nicht allzu weit entfernt befinden muss!? Wenn ich die Karte richtig in Erinnerung habe, irgendwo nicht weit von
hier im Südosten, auf der anderen Seite der Küstenstraße."
"Ganz recht, ein Tal, dessen Eingang von zwei Felsen flankiert werden soll, die entfernt wie Raben aussehen."
"Finden wir die überhaupt bei Nacht?" wollte Alrik wissen.
"Gute Frage. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht einmal sicher, ob wir sie mit einer derart wagen Beschreibung
überhaupt bei Tage finden."
"Ich wäre ohnehin dafür, dass wir erst mal hier bleiben, im Sanktuarium. Wir alle scheinen ein bisschen Ruhe
gebrauchen zu können." Hesindians Stimme klang wie ein müdes Seufzen. "Zum Glück haben wir in Gipflak ja
genügend Proviant an Bord genommen."
"Gut, ruhen wir uns etwas aus. Die Häscher des Fürstkomturs dürften uns erst mal für tot halten und Ruhe geben",
meinte Odilon, während die drei wieder in den Schrein gingen. Man setzte sich in einen Kreis. Die auffallend
schweigsame Gunelde begann auf einem kleinen Feuer das Abendessen zuzubereiten, Tee, Fladenbrot und eine
dünne Reissuppe. Alvan befand sich im Nebenraum und war nach Art der Maraskaner in eine laute Zwiesprache
mit ihren Göttern vertieft. Die Gefährten aßen schweigend und sahen immer wieder zur Tür, von wo aus die
Geräusche des ewig unruhigen Meeres ebenso hereindrangen wie die des nicht minder unsteten Dschungels.
Odilon hatte kaum fertiggekaut, da stand er auch schon wieder mit dem Bogen auf Wache und spähte in die
feuchtwarme Dunkelheit. "Was unser alter Freund Mercurio Mirhamdez wohl gerade macht?" sprach Alrik in das
Schweigen seiner Gefährten hinein. "Hoffentlich ist er nicht schon vor uns im Tal der Glühwürmchen angekommen
und hat sich mit dem Schatz aus dem Staub gemacht." Gunelde und Hesindian räumten die Reste des Mahles
beiseite.
208