Das Gold von Maraskan - Darpatien

war sich fast sicher, dass es die maraskanischen Fischer waren, durch die das Schmugglergut nach Elburum
gebracht wurde, denn eine Straße gab es oberhalb der Bucht nicht.
Alrik hatte ein Fladenbrot aus seinem Rucksack gezogen und bot der Edlen eine Hälfte zusammen mit einer
Blutoronge der Edlen an. Diese nickte dankbar.
"Müde?"
"Es geht so. Das herrliche Wetter hält mich noch auf den Beinen." Alvan schälte die Frucht, bevor sie sie mit den
Fingern in einzelne Stücke brach.
"Schmeckt bitter" stellte sie fest, nachdem sie ein Stückchen probiert hatte. "Alles, was aus Oron kommt, schmeckt
bitter."
Alrik nahm einen Schluck aus der Wasserflasche. Dann machte auch er sich über eine der hellroten Früchte her.
"Glaubst du, diese Früchte sind auch verflucht?"
"Nein, die gab es schon früher. Ich kann mich erinnern, mal in Brabak welche auf dem Markt gekl...gekauft zu
haben."
"In Brabak?"
"Nein, in Al´Anfa. In der Sklaverei..."
"Hat man als Sklave denn Geld, um teure Früchte zu kaufen?"
"Ich sollte sie für meine Herrschaft besorgen." Alrik blickte erneut um sich. "Heute Nacht steht Mada im Helm.
Beste Zeit zum Schmuggeln - nicht zu dunkel, aber auch nicht zu hell."
"Das klingt fast so, als hättest du Erfahrung in diesem Metier?"
"Nun, in Friedwang wird auch genügend geschmuggelt. Gerade deine Nordenheimer sind da recht fleißig:
Warunker Knaster, Wein, Schnaps, Spielkarten - wir haben jetzt eine Papiermühle in Gießenborn, statt einem
Hammerwerk -, Ilmenblatt. . . Alles, was die Soldaten in Gallys so brauchen. Im Grunde genau das gleiche wie
hier, nur etwas kleiner aufgezogen."
"Ist mir noch gar nicht aufgefallen."
"Nun, die Grenze zur Grafschaft Zweimühlen ist bei uns ziemlich löchrig, im wahrsten Sinne des Wortes. Die
ganze Baernfarn ist ja praktisch mit Höhlen und Drôlinen untertunnelt. Im Schratenwald, oder Schwarzen Wald,
wie es bei euch ja schon heißt, bekommt da keine gräfliche Streife was mit, die man ohnehin nur alle paar Wochen
sieht." Alvan gähnte, legte sich auf die Seite und kaute an ihrem Stück Brot. "Ich glaube, langsam werde ich doch
müde."
"Leg dich ruhig schlafen. Ich halte Wache." Alrik sah wieder zum splitterfasernackten Sigismund, der sich mit
Anlauf in eine der Wellen warf, an den Strand treiben ließ und sich dort im Sand herum wälzte.
"Wo Odilon nur bleibt?" Unruhig sah Alvan zum Pfad. "Hoffentlich findet er überhaupt den Weg hierher."
"Wenn wir die Bucht mitten in der Nacht gefunden haben, wird er sie doch wohl bei Tageslicht finden. Wie geht es
dir eigentlich? Hast du den Zauber gut überstanden?"
Alvan schauderte. Den Paralü - den hatte sie die letzten Stunden fast vergessen. Ein grässliches Gefühl, keinen
Finger regen und nicht sprechen zu können und doch zumindest mit den Augen alles mitzubekommen. So musste
sich eine Scheintote auf dem Weg zu ihrer eigenen Beerdigung fühlen: ein Gefühl der Beklemmung, des
Eingesperrtseins in sich selbst. Grässlichste Raumangst und Atemnot...
Merkwürdigerweise hatte sie es kaum gespürt, als die Kutsche über sie hinweggerollt war - sie hatte wirklich gar
nichts gespürt und nur ein paar schemenhafte Bewegungen sowie wirbelnde Pferdehufe wahrgenommen.
Unverwundbar zu sein: das war das Angenehme an der Sache. "Danke, es geht schon, auch wenn mir der Schreck
immer noch in den Gliedern sitzt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Langsam kann ich den Inquisitionsrat verstehen:
Magie ist manchmal wirklich etwas Abscheuliches."
"Ja, vor allem wenn sie einen selbst trifft", lachte Alrik. Alvan gähnte herzhaft: "Ich glaube, ich werde jetzt
wirklich ein wenig schlafen."
Als Alvan wieder erwachte, war die Nacht bereits herein gebrochen, die letzten rosarot gefärbten Wolkenschlieren
standen am Himmel. Das Meer hatte sich ein wenig zurückgezogen, und murmelte leise Worte in einer äonenalten
Sprache, die wohl nur ein Geschöpf Efferds - oder die abscheulichen Kreaturen der Tiefen Tochter - wirklich
verstand.
Die anderen Gefährten hatten irgendwo Holz gesammelt, so dass nun ein kleines Lagerfeuer knisterte. Sigismund
hatte sich wie eine Katze in seinen Mantel gerollt und schlief nun ebenfalls. Der Inquisitionsrat ging am Strand auf
und ab: Offenbar wollte er allein sein. Kein Wunder, bei den - körperlichen und seelischen - Strapazen, die er die
letzten Tage durchgemacht hatte. Hesindian und Gunelde hingegen aßen zu Abend - Fladenbrot und Schinken -
während Alrik Tee köchelte. Tatsächlich hing an einem Dreibein ein kleiner Kessel über dem Feuer (sein Rucksack
musste wirklich magisch sein).
"Na, aufgewacht? Trink erst einmal einen Schluck Tee."
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