Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
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"Ah, ich fühle mich wie neugeboren." Alvan streckte sich und befreite sich aus ihrem Umhang - seltsam, wer sie<br />
darin wohl eingewickelt hatte?<br />
"Ich dachte immer, so fühlen sich alle <strong>Maraskan</strong>er" spöttelte Alrik, schöpfte aus dem Kessel etwas Tee in einen<br />
Becher und reichte ihn Alvan. "Auch etwas Schinken und noch etwas <strong>von</strong> dem köstlichen Fladenbrot? Rührei und<br />
Speck gibt es gleich, wenn der Kessel vom Feuer weg ist."<br />
Die Edle bekam große Augen: "Du hasst wohl halb Elburum leergekauft?"<br />
"Hmm ja. Man muss seinen Feind schädigen, wo man kann."<br />
"Sind die Eier überhaupt noch gut nach der Hitze?"<br />
"Die lagen die ganze Zeit oben in der Höhle." Alrik nahm die Pfanne an sich, die an seinem Rucksack hing und<br />
rieb über die Bodenfläche. "Kleines Andenken an die Fran-Horas. Aus der Kombüse. . ."<br />
"Ist was passiert, während ich geschlafen habe? Wo ist mein Vater?"<br />
"Odilon lässt sich wieder mal Zeit" Leichte Besorgnis schwang in Alriks Stimme mit, auch wenn er wieder mal<br />
versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. "Vor einer Stunde haben wir querab ein Fischerboot gesehen, und kurz<br />
davor eine Bireme, vermutlich eine oronische. Jedenfalls ziemlich weit weg. Hat uns nicht gesehen, hoffe ich<br />
zumindest."<br />
"Und die <strong>Maraskan</strong>er?"<br />
"Von denen fehlt auch noch jede Spur. Unpünktlich wie immer, deine Landsleute und<br />
Glaubensbrüderschwestern..."<br />
Alvan sah besorgt zum Meer, wo sich gerade die letzten roten Sonnenstrahlen wiederspiegelten. Nachtschwarz und<br />
blutrot - der Elfe fröstelte. Nein, selbst ihre scharfen Augen konnten da draußen kein Segel ausmachen. Im besten<br />
Fall würde die "Nachtwind" erst tief in der Nacht hier auftauchen. Sie fragte sich, ob sie das nun für gut oder<br />
schlecht halten sollte. <strong>Das</strong> hier war keine Postkutschenwechselstation Verzögerungen konnte es immer geben.<br />
Vielleicht war es sogar besser so, denn schließlich fehlte noch immer ihr Vater. Würde Vegsziber wirklich schon<br />
vor Odilon auftauchen, es dürfte schwer werden, ihn da<strong>von</strong> zu überzeugen, noch zu warten, bis ein weiterer<br />
Passagier einträfe. Nun ja, das Löschen der Ladung und die Aufnahme der neuen Schmuggelware würden<br />
mindestens ein oder zwei Stunden in Anspruch nehmen.<br />
"Wo Odilon nur bleibt?" Alvan schloss die Finger um ihren Becher und merkte vor Besorgnis gar nicht, wie heiß<br />
der war.<br />
"Er ist ein Waldläufer, er wird schon durchkommen. Wenn die falsche Fährte glaubwürdig sein soll, muss er sich<br />
schon ein wenig Zeit lassen."<br />
"Trotzdem, so viele Stunden..." Auch Hesindian und Gunelde sahen besorgt drein.<br />
"Was ist, wenn er es nicht rechtzeitig schafft? Wenn die Schmuggler eher eintreffen." Die Perainedienerin sah aufs<br />
offene Meer hinaus.<br />
"Nun mal den Namenlosen mal nicht an die Wand." schnaubte Alrik. "Dann warten wir eben solange."<br />
Alvan blickte zu den Felsen hinauf. "Jemand <strong>von</strong> uns sollte da oben Wache halten. Dort sieht er doch am ersten,<br />
sobald jemand auftaucht: die <strong>Maraskan</strong>er, oder mein Vater..." Oder die Oronier, wie sie in Gedanken hin zu fügte.<br />
"<strong>Das</strong> müsstest du dann allerdings übernehmen. Langsam hab´ ich auch die richtige Bettschwere" Alrik schlug die<br />
Eier in die Pfanne. "Die Zeiten sind lange her, dass ich ein paar Nächte hintereinander durchmachen konnte und<br />
mich danach gefühlt habe, als könnte ich Trolle verprügeln." Alvan nickte und griff nach ihrem neuen Bogen: "Ich<br />
übernehme das schon. Ich kann ohnehin ein wenig Bewegung gebrauchen."<br />
Der Morgen war bereits nicht mehr fern, als Alvan, die auf ihrer Anhöhe Wache hielt, draußen auf dem<br />
Perlenmeer zwei Drachenflügel über dem glitzernden Wasser aufragen sah. Ein warmer Regen prasselte herab.<br />
Kein Zweifel, das war eine kleine Zedrakke, und sie war schon ziemlich nah. Die Edle wunderte sich, dass sie das<br />
Schiff nicht schon früher gesehen hatte - immerhin stand sie hier ziemlich weit oben. Dann erspähte sie den Grund:<br />
Die Segel der Zedrakke waren schwarz gefärbt, wie die Flügel eines Nachtwinds, ebenso der Rumpf. Der Name des<br />
Schmugglerschiffs passte. Noch einmal, wie so oft in den vergangenen Stunden, sah Alvan nach hinten, über die<br />
hinweg ins Hinterland, über die vereinzelten Baumreihen und Büsche hinweg zu den Weizenfeldern, die hier schon<br />
recht nah an der Küste begannen. Wo ihr Vater nur blieb? Langsam machte sie sich ernsthaft Sorgen - er war jetzt<br />
einen Tag und eine Nacht lang unterwegs und mehr als überfällig. Sie hatte die Pferde zu einer kleinen<br />
Baumgruppe - Wäldchen wäre schon übertrieben gewesen - geführt, wo sie frisches Gras fressen , <strong>von</strong> Land her<br />
zugleich aber nicht auf den ersten Blick gesehen werden konnten. Sogar eine Quelle sprudelte dort zwischen den<br />
Felsen empor, wo die Edle und ihre Gefährten die Wasserschläuche hatten auffüllen und die Tiere tränken können.<br />
Ein kleiner Bach rann <strong>von</strong> dort aus ins Perlenmeer.<br />
Odilons Shadif, so hoffte Alvan, würde die übrigen Tiere riechen und ihren Vater somit auf die kleine Bucht<br />
aufmerksam machen, die gar nicht so leicht zu entdecken war. Wenn er nur rechtzeitig käme. Sicher, die<br />
Schmuggler würden eine Zeit brauchen, bis sie die Ladung ausgetauscht und vielleicht noch ihre<br />
Trinkwasservorräte aufgefüllt hätten, aber sicher wollten sie bei Tagesanbruch wieder das offene Meer ansteuern.<br />
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