Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
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Holzes. Verbrannte Wasserleichen - allein, den Anblick in einen derartig widersinnigen Gedanken fassen zu<br />
müssen, flößte Alvan ein namenloses Grauen ein - standen auf Deck Spalier und winkten; grinsende Schädel, über<br />
die sich rußglänzende Haut- und Fleischreste spannten, Stumpen, aus Armen ragende Knochen, verstümmelte<br />
Hände winkten ihr zu, ihr und den Matrosen, die nun auf Deck zusammen eilten. Noch etwas anderes stand dort<br />
drüben - etwas...es waren mehrere... widerwärtige, glitschige, abscheuliche, mannshohe und doch völlig<br />
menschenunähnliche, wimmernde, pflatschende, schwammige, weiche, sabbernde Abscheulichkeiten, die Alvan<br />
nur erahnte, ein Augenblick reinen, unverfälschten Grauens lang, der die blitzartig herabfahrende, kristallklare<br />
Erkenntnis brachte, dass jedes längere Hinsehen Irrsinn auf ewig bedeuten musste. Schreiend wandte sich Alvan<br />
ab, während die Niederhöllen zwischen ihren Schläfen heulten.<br />
Erst jetzt, als Alvan das Gesicht abwandte, wurde ihr bewusst, dass die schräglinks aus dem Pestodem<br />
heranrauschende Fran-Horas geradewegs Kurs auf die Mitte der Zedrakke hielt, um sie in Grund und Boden zu<br />
rammen. Alvan packte das Ruder und warf es mit einem Stoßgebet - schon einen Herzschlag später hätte sie nicht<br />
mehr sagen können an wen - herum.<br />
Eine Ewigkeit verging, in der sich das Rad drehte und drehte, wie der Weltendiskus, den Rur seinem Bruder Gror<br />
zugeworfen hatte.<br />
Ein eisiger, faulig stinkender Hauch wehte Alvan an, als die Fran-Horas in monströser Größe über der kleinen<br />
Nachtwind aufragte. <strong>Das</strong> also war das Ende. <strong>Das</strong> Rad ließ sich nicht weiter drehen und die Nachtwind bewegte<br />
sich nicht.<br />
Doch, sie bewegte sich, aber unendlich langsam, quälend langsam. Die Fratze des Dämonenkaisers grinste Alvan<br />
an, als sich der Bug des Geisterschiffs in den wulstigen Rumpf der Zedrakke bohrte. Krachen, Ächzen,<br />
Schrammen. Wer an Deck stand, wurde zu Boden gefegt.<br />
Dann waren die Niederhöllen vorbei und verschwanden in der Finsternis und dem Pestodem, aus dem sie sich<br />
manifestiert hatten. Langsam kehrte das Leben an Bord zurück.<br />
Die Nachtwind schwamm noch. Tatsächlich waren die Schäden gering, und durch die besondere Bauweise des<br />
Rumpfes hatte die Zedrakke kaum Wasser genommen.<br />
"Scheint so, als hättest du wieder einmal ein Schiff gerettet." Odilon nickte anerkennend, aber das Grauen stand<br />
auch ihm ins Gesicht geschrieben. Zu seinen Wunden war eine kleine Schramme an der Stirn hinzugekommen.<br />
"Mir zittern die Knie" keuchte er und hielt sich an der Reling fest. Noch immer stank die Luft nach verbranntem<br />
Fleisch und verrotteten Planken.<br />
Als sich der Morgenstern über dem Perlenmeer aufging - es würde noch gut anderthalb Stunden dauern, bis der<br />
Morgen dämmerte, bemerkten sie, dass Gunelde fehlte. So sehr sie das Schiff absuchten, die Perainedienerin blieb<br />
verschwunden, ebenso der Steuermann. Hatte ES auch sie geholt? Oder war sie durch den Rammstoß der Fran-<br />
Horas über Bord geschleudert worden? So sehr ihre Gefährten auf das Meer starrten, es wollte ihnen keine Antwort<br />
auf diese Frage geben.<br />
"Wie... ich meine, was war das eigentlich?" fragte Sigismund. "Wir haben doch selbst gesehen, wie die FranHoras<br />
gesunken ist. Wie kann sie uns da beinahe gerammt haben?"<br />
"Ist doch schazzak´kabal, was Deine Landrattenaugen gesehen haben!" erwiderte Vegsziber unwirsch. "Fakt ist<br />
dass mein Schiff beinahe gesunken wäre wegen Euch und Euren Hirngespinsten. Und einen guten Matrosen hab<br />
ich auch noch verloren. Daran seid nur ihr schuld!"<br />
"Gemach, Kapitanjin, Gemach" schlichtete Meldorjin. "Ihr seid mir zu voreilig mit Euren Schlussfolgerungen.<br />
Kann hier denn überhaupt jemand erklären, was vorgefallen ist? Wie konnte das Schiffswrack, das ja gesunken sein<br />
soll, so plötzlich wieder auftauchen?"<br />
"Die Seelen der Sterblichen an Bord fanden keine Gnade vor Efferd, er hat ihnen den Efferdtod verwehrt."<br />
Erläuterte Selbfried. "Weder Efferd noch Boron ließen den Xeraaniern ihre Gnade zuteil werden, daher wurden ihre<br />
Seelen, wie das gesamte Schiff, zurückgewiesen. <strong>Das</strong> Verräterpack ist nunmehr gezwungen, verzweifelt und<br />
seelenlos umherzuirren, bis ihrer jämmerlichen Existenz ein Ende bereitet wird."<br />
"So kann man es ausdrücken" meinte Hesindian. "Boron hat ihre Seelen zurückgewiesen, und Efferd ihre<br />
sterblichen Hüllen. <strong>Das</strong> zwingt sie dazu, eine ruhelose Existenz zu führen. Sie führen eine untote Existenz, bis sie<br />
Gnade finden oder endgültig vernichtet werden."<br />
"Wie man sagt gibt es zahlreiche dieser Geisterschiffe in der Blutigen See." Ergänzte Vegsziber. "Was mich<br />
anbelangt interessiert mich aber viel mehr, wo mein Matrose ist. Die See war nicht so rau, als dass er über Bord<br />
hätte fallen können. Wer oder was hat Gilborjian geholt."<br />
"Der selbe, der auch Gunelde geholt hat" erläuterte Hesindian. "Die Ruhelosen können nur dann Ruhe finden, wenn<br />
sie eine gute Seele finden und fangen können. Damit können sie Einlass in Borons hallen finden, in dem sie eine<br />
gutherzige Seele vorweisen können. Deswegen jagen sie die Lebenden. Und deswegen haben sie Gunelde und<br />
Gilborjian gefangen. Wir müssen sie finden, bevor es zu spät ist, sonst sind die Seelen beider verloren."<br />
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