Das Gold von Maraskan - Darpatien
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"Egal, was das Mistvieh krächzt, es soll damit aufhören!" Sigismund warf ein Plätzchen auf den Papagei, der es<br />
geradezu niederhöllisch geschickt mit dem Schnabel auffing und geräuschvoll verspeiste.<br />
Die Therbûnitin schüttelte geistesabwesend den Kopf, ging zum ohnmächtigen Kapitän hinüber und schnupperte an<br />
dessen Bart. Alrik und Sigismund sahen sich lange an. Offenbar fragten sie sich gerade beide, ob die<br />
Perainedienerin noch recht bei Sinnen war. Odilon wirkte teilnahmslos. Alriks Schwester schnippte mit den<br />
Fingern.<br />
"Tatsächlich, Lakritze. Es riecht schwach nach Lakritze. <strong>Das</strong> ist also das Geheimnis."<br />
"Was für ein Geheimnis, Schwesterchen? <strong>Das</strong> Xeraanier keine Süßigkeiten vertragen, ohne aus den Latschen zu<br />
kippen?"<br />
"Unsinn, Alrik. Dieser Emporio hat dem Käpt´n Boronwein eingeflösst, um eine Art Fieber vorzutäuschen. <strong>Das</strong> ist<br />
ein starker Rauschtrunk, der aus der Milch der Vragieswurzel hergestellt wird. Riecht schwach nach Lakritze."<br />
"Sprach der Heilige Therbûn." Alrik schüttelte halb spöttisch, halb unwillig den Kopf. "Was hilft uns diese<br />
pflanzenrundlich zweifelsohne außerordentlich wertvolle Erkenntnis?"<br />
Gunelde schwieg beleidigt, also antwortete Odilon an ihrer Stelle: "Nun, das bedeutet, dass es irgendwo auf dem<br />
Schiff, vermutlich in Emporios Kajüte, ein Fläschchen mit Boronwein gibt. Vor allem bedeutet es, dass der gute<br />
Mercurio jetzt da<strong>von</strong> abhängig ist. <strong>Das</strong> heißt, wir haben ein gutes Druckmittel in der Hand, um ihn gefügig zu<br />
machen, falls er wieder zu sich kommen sollte. Immerhin, das ist wirklich eine Erkenntnis."<br />
In diesem Augenblick ging die Tür zur Großen Kajüte auf. Odilon griff reflexartig zu Wandelur, das neben ihn<br />
gegen den Kartentisch lehnte, und auch Alrik griff zu seinem Schwert.<br />
Als er den Inquisitor sah, der eine gefesselte Piratin herbeizerrte, beruhigte er sich wieder: "Ach Ihr seid es,<br />
Hochwürden? Was gibt es?"<br />
Odilon musterte die Piratin: eine bleiche, etwas pummelige Frau mit braunen Haaren und Kopftuch. Weder<br />
besonders hässlich, noch besonders hübsch. Eher unscheinbar.<br />
"<strong>Das</strong> Weib hier... Es will angeblich mit uns zusammenarbeiten. Behauptet, sie stamme <strong>von</strong> einem Festumer<br />
Handelsfahrer und..."<br />
"So ist es. Der `Rittfrau <strong>von</strong> Riwilauken´. Mein Name ist Tika, Vollmatrosin Tika..."<br />
Ein derber Hieb über den Kopf ließ die Piratin verstummen: "Du redest nur, wenn du gefragt wirst, Frevlerin!"<br />
Odilon hob beschwichtigend die Hand: "Laßt gut sein, Hochwürden. <strong>Das</strong> hier ist kein Inquisitionsverfahren!"<br />
"Vergesst nicht, dass noch immer ich der Ranghöchste hier an Bord bin!" kam es herrisch zurück.<br />
"Ich bin jetzt nach Beschluss der Mehrheit der Kapitän hier!" antwortete Odilon ruhig. "Damit nach altem Brauch<br />
der Erste nach Efferd. Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für Diskussionen."<br />
"Gewiß, Odilon Wildgrimm. Es sieht ganz so aus, als müssten wir zusammen arbeiten. Jetzt, wo auch Bruder<br />
Corbenian das Martyrium empfangen und den Weg des Heiligen Gilborn beschritten hat, bin ich Euch und Euren<br />
Freunden ohnehin ausgeliefert."<br />
"Wir bedrohen Euch nicht, denn wir sind keine Verräter. Wir sollten jetzt gegen die Xeraanier zusammen halten<br />
und alles andere hintan stellen. Also, was will sie?"<br />
"Wie gesagt, sie gibt vor, überlaufen zu wollen. Zumindest hat sie das gesagt. Die Piraten wollten sie dafür<br />
umbringen."<br />
"Ich schwöre Euch, sie haben mich gezwungen, mitzumachen" Die Piratin, die sich Tika nannte, schien den Tränen<br />
nahe. Odilon musterte sie genauer. Bösartig oder verschlagen sah sie eigentlich nicht aus, tatsächlich eher wie eine<br />
Handelsmatrosin denn eine Seeräuberin. Ihrem Dialekt nach konnte sie durchaus aus dem Bornischen stammen.<br />
Lediglich der stiere Blick gefiel dem Baernfarn nicht. Er erinnerte sie irgendwie an eine Insassin in einem<br />
Noionitenkloster, die man, weil sie als harmlose Verrückte galt, frei herumlaufen ließ. Nun, ein Wesen, das guten<br />
Herzens war, mußte an Bord eines Schiffes wie der Fran-Horas wohl tatsächlich früher oder später irrsinnig<br />
werden. Oder man musste irrsinnig sein, um hier seine Gutmütigkeit zu bewahren.<br />
"Es ist besser, den Tod zu erleiden, als dem Glauben abzuschwören und die Seele zu verlieren!" donnerte der<br />
Inquisitor. "Du bist eine Frevlerin wie die anderen!"<br />
"Was sollte ich denn tun? Ich, ich wollte einfach nicht sterben. Glaubt mir, ich habe nie jemanden etwas Böses<br />
getan. Niemals, nicht aus freien Stücken!"<br />
"Nun, Meister Selbfried, wie gesagt, das hier ist kein Inquisitionsverfahren, sondern ein echter Notstand. Wir<br />
können Verstärkung dringend gebrauchen. Ich weiß nur, dass wir sie in ihrer Hängematte angetroffen haben, wo sie<br />
keinen Widerstand geleistet hat, nicht bei... bei den anderen. <strong>Das</strong> spricht bereits ein wenig für ihre Version. Ihr<br />
solltet Euch nun wieder auf Eurem Posten begeben. Ich möchte nicht, dass die Gefangenen allzu lange mit<br />
Hesindian allein bleiben."<br />
"Vergesst nicht, ich bin Ordentlicher Inquisitionsrat der Praioskirche, nicht Euer untergebener Laufbursche!"<br />
"Deswegen bitte ich Euch ja und befehle nicht."<br />
"Schon besser. Aber ich warne Euch. Die Frevler werden langsam unruhig und versuchen, sich zu befreien. Denkt<br />
an das versteckte Messer, dass wir bei dem einen gefunden haben. Ich fürchte, es wird bald einen Aufstand geben.<br />
Es ist ohnehin eine Zumutung, dass ich dieses Pack gemeinsam mit einem... einem Magier bewachen soll."<br />
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