Das Gold von Maraskan - Darpatien
Das Gold von Maraskan - Darpatien
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"Wie? Wir sind schon einen ganzen Monat unterwegs? <strong>Das</strong> kann ich nicht glauben."<br />
In diesem Augenblick trat Vegsziber ein. "Ah, die Herrschaften machen es sich gemütlich, wie?"<br />
"Danke der Nachfrage, es geht so." Alrik streckte seine Beine demonstrativ aus.<br />
"Sehr witzig. Zwei <strong>von</strong> euch nach oben, aber ein bisschen plötzlich. Die Deckwache kann noch ein wenig<br />
Verstärkung gebrauchen bei dieser Honinger Dunkelheit da draußen. Es sind keine guten Gewässer, die wir jetzt<br />
befahren - zum Glück haben auch die verdammten Oronier davor Angst, sonst würden sie uns mit mehr Eifer<br />
jagen."<br />
"Honinger Dunkelheit?" fragte Selbfried, der bei dem vertrauten Namen kurz aus seiner Beschäftigung aufblickte.<br />
"Ja. Man sieht die eigene Hand vor Augen nicht mehr vor lauter Nebel und Finsternis. Du, und du, nach oben"<br />
Vegsziber wies beiläufig auf Alvan und Sigismund.<br />
Die beiden trotteten gehorsam hinterher und kletterten nach oben.<br />
Mit Schaudern sah Alvan, dass der Nebel auf dem leise schmatzenden, glucksenden Perlenmeer sich graugrünlich<br />
zu färben begann. Es roch nach Krankheit, Fäulnis und Tod. "Der Pestodem..." murmelte sie.<br />
"Ihr habt ihn angelockt" fauchte Vegsziber. "Schazak´Garethjas. Seid wirklich Unglücksvögel, bei der Schönheit<br />
der Welt, die ihr für mich in den letzten Tagen nur gemindert habt. Haltet wenigstens die Augen offen, bevor..."<br />
Der Kapitän wollte selbst nicht wissen, was hier draußen in der Blutigen See noch alles geschehen konnte.<br />
Die Stunden vergingen. Von der Bireme war weit und breit nichts zu sehen, geschweige denn zu hören.<br />
Ein Glockenschlag zeigte das Ende der ersten Nachtwache an. Alvan und Sigismund gingen nach unten, um sich<br />
schlafen zu legen. Alrik und Odilon gingen an ihrer Stelle nach oben.<br />
Glucksen, Schmatzen. Alvan schreckte hoch. Sie hatte schlecht geträumt, wie so oft in den letzten Nächten.<br />
Irgendein wirrer, furchtbarer Alpdruck, in der aufgedunsene Wasserleichen und über ihren Kopf wuchernder<br />
Seetang die Hauptrolle gespielt hatten. Seetang, der sie unter Wasser drückte, immer tiefer, wo er bereits auf sie<br />
wartete, er, Gion, mit <strong>von</strong> Fischen ausgefressenen Augen, der mit kalten, weißen Händen nach ihr patschte, sie<br />
nach unten zog, mit seinen Krallenhänden Haut und Hemd vom Leib riß, um sich gemeinsam mit der fauligen<br />
Salzbrühe in ihren nach Atem ringenden Mund zu ergießen.<br />
Ein greller Schrei ließ sie endgültig in die Wirklichkeit zurückkehren. <strong>Das</strong> kam <strong>von</strong> oben, vom Deck. Ein weiterer,<br />
viehischer, unmenschlicher Schrei. Odilon! Allein der Gedanke, dass es ihr Vater war, der tapfere, unerschrockene<br />
Recke Odilon, der derart angsterfüllt schrie, versetzte sie selbst in Panik. Sie sprang auf, raffte Bogen und Köcher<br />
an sich, ebenso ihr Schwert und huschte barfüßig nach oben. Draußen sah sie ihren Vater, die Hände in die Reling<br />
gekrallt, in den Nebel hinausstarren. Aber nicht er hatte geschrieen, wie sie nun merkte, auch nicht Alrik, sondern<br />
einer der <strong>Maraskan</strong>er, der wimmernd auf dem Boden kauerte.<br />
Odilon fuhr herum, die Hand am Schwertgriff, als er Alvan herantreten hörte. Als er ihr Gesicht sah, hielt er in der<br />
Bewegung inne.<br />
"Etwas hat den Rudergänger geholt" sagte er. Irgendwie kam es Alvan so vor, als träume sie noch, als sei das alles<br />
hier nicht real. Ihr Blick ging zum Achterdeck, wo sich das Ruder tatsächlich hin und her drehte.<br />
"Etwas?"<br />
"Keine Ahnung, was es war!" mischte sich nun Alrik ein. "Wir standen gerade auf dem Vordeck, im dicksten Nebel<br />
und haben Ausschau gehalten, weil Odilon ein merkwürdiges Leuchten gesehen haben will, da fängt er hier" der<br />
Friedwanger deutete auf den wimmernden, zitternden <strong>Maraskan</strong>er "plötzlich das Krakeelen an. Wir hören noch ein<br />
Platschen, schauen uns um, schließlich merken wir, dass der Steuermann weg ist. Einfach weg."<br />
"Wie weg? Was ist passiert?" Letztere Frage galt dem Matrosen, der irgendetwas in breitestem <strong>Maraskan</strong>i<br />
brabbelte, was Alvan nicht verstand.<br />
"Vergiss ihn, mit dem kann man nicht reden."<br />
Alvan legte einen Pfeil an und ging zum Steuerrad, das sich unentschlossen mal ein wenig nach links, mal nach<br />
rechts drehte. Nur das Knarren der Takelage und der Planken auf dem kiellosen Rumpf war zu hören.<br />
Ein paar kleine Wasserlachen schimmerten an Deck, eine undeutliche Spur, die in Richtung Reling zu führen<br />
schien. Alvan ging zu Schanzkleid und sah ins Wasser. Nichts.<br />
"Sieht fast so aus, als hätte auch den hier etwas aus dem Wasser geholt." murmelte sie.<br />
Ein Leuchten, ein grünliches Leuchten, wie das des Nebels, nur intensiver - und geformter. Ein Umriss, ein<br />
leuchtender Schemen.<br />
Alvan glaubte, ihr Herz müsse stehen bleiben, als sie sah, was sich da auf sie zu bewegte. Ein Schiff, das trotz der<br />
Windstille wie <strong>von</strong> Geisterhand bewegt auf sie zuglitt. Eine Schi<strong>von</strong>e Liebfelder Bauart mit blutroten Segeln, die<br />
verbrannt und in Fetzen <strong>von</strong> den Masten hingen. Brandgeruch drang in Alvans Nase. Wie eine Pforte zu den<br />
Niederhöllen klaffte mittschiffs ein gewaltiges Loch, als habe dort eine gewaltige Explosion das Schiff aufgerissen.<br />
Es durfte nach allen Gesetzen der Wahrscheinlichkeit gar nicht mehr über das Meer fahren, und dennoch tat es<br />
gerade eben dies. Irgendeine obszöne Macht hatte das Schiff, auf dessen Bug der Name prangte, wieder zu etwas<br />
ähnlichem wie ein Wrack zusammenwuchern lassen. Es war die Fran-Horas - eine groteske Ansammlung fauligem,<br />
verbranntem, zersplittertem, verquollenem, <strong>von</strong> Algen überwucherten und - so schien es - zusammengehaltenen<br />
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