Das Gold von Maraskan - Darpatien

Wohl, wie Deggen es sich gedacht hat, ist ein Verein willfähriger Handlanger Redenhardts geworden. Nein,
niemand darf jemals davon erfahren.“
„Und deswegen Sigismund...“
„Ja. Schließlich war ich mit ihm auf Reisen, und meine Bauern lästern schon genug über das angebliche Verhältnis,
das ich mit ihm habe. Diese Geschichte würde wenigstens niemand in Zweifel ziehen. Und da Sigismund
gleichermaßen an dem Ruf unseres Hauses gelegen ist wie mir wird er dabei wohl mitspielen. Er bekommt ja auch
als Preis dafür was er sich wünscht: Mich. Für die Familienehre wäre es das Beste.“
Gunelde verstand jetzt erst die innere Verzweiflung Alvans. Ja, Alvan hatte Recht im Hinblick auf das, was
passieren könnte, wenn man am Hofe von der Geschichte erfuhr. Die Baernfarns hatten die letzte Intrige der
unsäglichen Allianz aus dem Fürstenhaus und den Oppsteinern nur knapp überstanden. Ein solcher Skandal könnte
das Ende der nahezu tausenddreihundertjährigen Geschichte der Baernfarns als Barone zu Gallys bedeuten.
„Dann solltest Du mit ihm darüber sprechen. Aber nur mit ihm, noch nicht einmal mit Odilon oder Alrik.
Schließlich wäre jeder mehr, der davon weiß, ein Risiko. Ich für meinen Teil werde schweigen wie ein Boronanger.
Aber du musst mit Sigismund ehrlich umgehen, er kennt gewiss den Unterschied zwischen acht und neun
Monaten.“
„Ja, Du hast Recht. Ich hatte zuerst daran gedacht ihn zu verführen, was mir wohl bei Sigismund nicht schwer
fallen würde. Aber er würde es merken.“
Gunelde dachte kurz nach.
„Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Ich kann Dir die entsprechenden Kräuter dafür besorgen wenn wir in Jergan
sind. Es wird dort schon Heilerinnen geben, bei denen ich etwas kaufen kann...“
„Nein... Nein. Das dürfen wir nicht. Du darfst das nicht tun. Schwester Peraine erlaubt das Dir ebenso wenig wie
die Zwillinge mir. Das wäre ein Frevel an den göttlichen Geboten und das darf nicht sein. Ich darf Rurs
Schöpfungsplan nicht in Frage stellen.“
Gunelde verstand nicht sofort. Aber zugleich war sie froh, dass Alvan ihr Angebot nicht annahm. Es wäre ja auch
ein Frevel gegen ihren Glauben gewesen, der sie in arge Gewissensnöte geführt hätte.
„Du weißt ja, was wir in Maraskan glauben. Das Schicksal eines rechtschaffenen Menschen dient der Schönheit der
Welt, auch wenn wir oft nicht verstehen können, auf welche Weise. Wenn es Rurs Schöpfungsplan entspricht das
Schwester Tsa meinen Leib segnet werde ich mich dem Willen Rurs fügen.“
Als ein weiteres, auf underische Weise vielstimmiges, hässliches Kreischen erklang, konnte Odilon nicht an sich
halten. Er ging zum rankenbedeckten Eingang des Schreins und spähte aufs Meer. Gleich einem Schweifstern flog
ein glosender Feuerball vom Nachthimmel herab und stürzte auf den Schatten des Fischkutters. Im Widerschein der
Flammen waren die schuppicht glänzenden Leiber der Dämonen zu erahnen, die ihre Beute wie Aasgeier
umkreisten. Es waren zwei Karakilim mit Reitern, nein, drei. Dann wurde es wieder dunkel.
Ein weiterer Feuerball stürzte auf das brennende Boot, das aus der Entfernung, nun, da die Flammen wieder etwas
heruntergebrannt waren, eher wie ein flackerndes Öllämpchen wirkte. Erneut eine gewaltige Stichflamme. Dann
schwanden die Flammen rasch zu einem schwachen Glimmen und verloschen schließlich ganz.
"Gut, dass wir nicht an Bord waren" feixte Alrik, der unbemerkt hinter den Waldläufer getreten war. "Das ist ja ein
Feuerwerk wie zu Rohals Verhüllung...."
Odilon nickte: "Zwei magische Feuerbälle auf einmal. Nicht schlecht. Die wollen sich ihrer Sache sicher sein."
Innerlich war er zufrieden. Dieser Gewaltausbruch bedeutete, dass kaum Spuren zurückbleiben würden, die den
Dreckigen irgendwelche nützlichen Anhaltspunkte auf ihren Verbleib geben würden.
"Woher wussten die, dass wir nicht Leute des Fürstkomturs sind?"
"Nun, gut möglich, dass die übrigen Fischer aus Sindibab bereits Meldung gemacht haben" antwortete Odilon. "Ich
war mir nicht ganz sicher, ob nicht auch einige andere Maraskaner Selbfrieds Robe erkannt haben."
Erneut flackerten draußen auf dem Meer Flammen hoch. Diesmal musste es sich um mindestens eine Kugel
Hylailer Feuer gehandelt haben, denn Odilon hatte keinen Feuerball entdecken können. Der brennende Ölteppich
galt offenbar eventuellen Überlebenden im Wasser. Odilon schauerte, obschon die Nacht schwülwarm war. Nein,
sie hätten wirklich keine Chance gehabt, sich gegen drei Karakilreiter auf einmal zu wehren, zumal diese sehr hoch
flogen, offenbar um sich gegen Bogenschüsse und Zaubersprüche zu schützen. Es war schon erstaunlich, dass die
Dämonenpaktierer nun, mitten in der Nacht, den Fischkutter so schnell wieder gefunden hatten.
"Vielleicht hat auch unsere alte Freundin Adelgunde in Gipflak Meldung gemacht", schlug Alrik vor. "So eine
Brieftaube ist doch schnell in Jergan. Und wer weiß schon, ob die Dreckigen nicht auch noch andere Möglichkeiten
zur Verständigung haben. Die Geschichte mit den Agenten aus Tuzak hat sie uns jedenfalls keinen Augenblick lang
abgenommen. So dumm wie dieser Ortwin Natter war sie nicht."
"Dumm? Ich weiß nicht, ob Ortwin wirklich nur dumm gehandelt hat." Odilon zuckte mit den Schultern. "Seinem
Verhalten in Radromsfort nach zu urteilen war er ziemlich schlau, oder besser gesagt verschlagen wie eine
Schlange. Gut möglich, das er uns erkannt hat und wirklich ein weiteres mal überlaufen wollte. Sein Spitzname hat
jedenfalls gepasst. Die Dämonen dort draußen" - er wies unbestimmt in den Nachthimmel, der nun wieder
ausschließlich durch das Madamal und einige blinkende Sterne erhellt war - "sind auch eine Art Schlangen und
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