Das Gold von Maraskan - Darpatien

Allerdings, der Maraskaner bereitete ihr keineswegs den Gefallen, das Tor zu öffnen. Stattdessen erklang seine
Stimme nach einer geraumen Zeit von oben, von einer der Dachluken linkerhand des Tors. Nun sah der Rebell, wer
dort unten vor der Tür stand.
"SIE KOMMEN! WACHT AUF! SIE GREIFEN AN!" Dann war sein Kopf auch schon wieder verschwunden -
aus gutem Grund, prasselten doch keinen Herzschlag später vom Wald her ein halbes Dutzend Pfeile neben die
Luke, durchbohrten die Stoffpuppe und zerschlugen mehrere Ziegel.
"Vorrücken und die Fensterläden aufbrechen!" kommandierte auf der anderen Seite Hauptmann Brackenburger
kühl, während er sich mit gezogener Klinge gegen die Hauswand warf. "Dann Fackeln hinein! Verteilt euch neben
den Schießscharten, bietet ihnen kein Ziel!" Irritiert sah er auf den Pfeil, der einen Fingerbreit neben ihm in den
Boden schlug. Aus dem Haus kam er nicht, dafür war seine Flugbahn zu ungewöhnlich. Einer von Berschins
Leuten musste ihn im Eifer des Gefechts aufs Dach abgeschossen haben - vermutlich auf eine der Puppen- wo er
offenbar abgeprallt war und sich überschlagen hatte.
"Alarm! Wacht auf!" gellte es von innen. Das Gebäude wurde lebendig.
Im Gebäude waren die Gefährten sofort wach. Ihre Körper waren noch angespannt, in banger Erwartung dessen
was da kommen mochte. Alrik war der erste, der wie in hundertfach eingeübter Bewegung zum Messer griff, zu der
Schießscharte neben der Tür sprang. Er sah, wie ein Voraustrupp der Angreifer, der sich der Tür genähert hatte,
soeben wieder zurückziehen wollte. Mit rascher Bewegung warf er das Messer. Zwar hektisch und nur schlecht
gezielt, aber dennoch traf er die der Klause am nächsten stehende Kämpferin, eine Garethja mit einem Nachtwind
in der Hand, in das Bein. An sich war das keine schwere Verletzung, die Alrik der Kämpferin zugefügt hatte, aber
das Schlafgift, mit dem Alrik seine Messer wie auch die Klingen seiner Gefährten versehen hatte, tat sofort seine
Wirkung. Die Kämpferin machte noch zwei Schritte, bis sie mit einem erstaunten Gesichtsausdruck zu Boden
stürzte.
Odilon war nicht viel langsamer als der Friedwanger. Sein Pfeil fand seinen Weg von der Bogensehne in den
Rücken eines hinwegstürmenden Soldaten. Die anderen drei Kämpfer der Vorhut des Feindes gelang es, das
rettende Schilf des Bachbettes zu erreichen, das sie vor dem Blick der Gefährten schützte.
Sturmfejian und Haldorban reagierten gleichfalls schnell. Mit ihren Blasrohren schossen sie vergiftete Pfeile auf
die von Süden angreifenden Soldaten. Die Soldaten waren nicht auf diese Art von Beschuss vorbereitet, und die
Pfeile fanden schwache Stellen in den Rüstungen der Angreifer. Das Gift der Rebellen erledigte den Rest. Weibel
Berschins Leute waren versprengt, ein Teil von ihnen hatte sich in die unmittelbare Nähe der Mauer geflüchtet, in
der Hoffnung, dort nicht von den Rebellen getroffen zu werden. Ein anderer Teil zog sich in den Dschungel zurück.
Der Angriff von Pomoderas Leuten und von Hauptmann Brackenburger selbst verlief erfolgreicher. Ungehindert
konnten je ein Vortrupp von Osten und Norden bis zur Mauer der Kapelle vorrücken Alrijiana, Alvan, Sigismund
und Selbfried erreichten ihre Positionen an der Nord- und Ostwand zu spät, um das Vorrücken der Soldaten
behindern zu können.
„Fackel hineinwerfen!“ ertönte das Kommando von Brackenburger. Schlagartig wurden brennende Fackeln durch
fünf der Schießluken in das innere der Kapelle geworfen.
„Gunelde, Vegsziber!“ rief Odilon. Mehr brauchte er nicht zu sagen. Die Gefährten hatten der Heilerin und dem
verletzten Kapitän die Aufgabe zugewiesen, die Schützen mit allem notwendigen zu versorgen und vor allem
entstehende Brandherde zu löschen. Da der Boden der Kapelle aus Stein war bestand ohnehin nur geringe Gefahr
eines Brandes. Gunelde und Vegsziber klaubten die Fackel aus und steckten sie in das Wasserfass, wo die
Flammen zischend erloschen. Solange die Soldaten kein Hylailer Feuer oder andere Brandsätze einsetzten waren
Angriffe dieser Art ohne Schwierigkeiten abzuwehren.
„Derzeit ein klassisches Patt“ kommentierte Selbfried. „Ohne schweres Gerät kommen sie hier nicht rein, aber wir
können sie auch nicht erreichen, wenn sie sich so nahe an der Mauer befinden.“
„Bloß dass das Patt sich zu unseren Ungunsten entwickeln wird, wenn uns nichts einfällt“ knurrte Alrik.
„Alrik, du musst die Westseite mal kurz allein halten. Ich geh´ aufs Dach und verschaff mir etwas Überblick.“
raunte Odilon dem Friedwang zu. Der Waldläufer sprang auf, griff nach dem Deckel des Wasserfasses, das ihm als
Schild dienen mochte und riss dann einen Kerzenleuchter, der seitlich an der Wand befestigt war, ab. Die
Messingplatte, die das Licht der Kerze im Raum verteilen sollte, diente ihm behelfsmäßig als Spiegel. Dann
erklomm er die Leiter, die an die Balken unter dem Dach angelegt war. Durch die Luken spähte er ins Freie. Sich
mit dem Fassdeckel abschirmend hielt er den Spiegel aus der Luke um zu sehen wie viele Soldaten sich an der
Mauer verschanzt hatten. Auf der Südseite waren dies zwei, an der Ostwand vier und im Norden drei. Der Rest der
Angreifer hielt sich im respektvollen Abstand entfernt um auf die Luken zu schießen immer wenn sich dort einer
der Gefährten zeigte.
Odilon lächelte trocken. Es waren gewiss gute Schützen, aber keine wirklichen Scharfschützen, die da auf sie
schossen. Die Pfeile trafen zwar recht genau den Bereich der Schießscharten, aber dass ein Pfeil genau durch die
schmale Luke traf, damit war nicht unbedingt zu rechnen, das wäre ein Glückstreffer. Es war schon der Fehler der
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