Das Gold von Maraskan - Darpatien

Wahrscheinlichkeit, dass diese etwas bemerkt hatten, war ziemlich gering. "Meister Selbfried, haltet euch im
Hintergrund!" flüsterte sie zu dem Inquisitor. "Der Fischer dort hat vermutlich schon erkannt, dass ihr kein
Schwarzmaraskaner seid. Verbergt eure Robe unter Eurem Mantel, ich beschwöre Euch."
Der Inquisitor wollte schon protestieren - offenbar hatte er andere Vorstellungen von praiosgefälliger Offenheit.
"Das ist ein Sonderfall. Denkt an den oronischen Folterkeller!" zischte Alvan und Selbfried lenkte ein. Mit einem
Nicken zog er sich hinter Alrik zurück, der ihn in ein Gespräch verwickelte und so vor den neugierigen Blicken der
Fischer verbarg. "Hör zu, Fischer!" raunzte sie Honjin an. "Du wirst uns mit deinem Boot nach Gipflak bringen, zu
der Frau."
"Aber..."
"Sei still, wenn ich mit dir rede!" (Alvan hoffte den barschen Ton der Besatzungssoldaten einigermaßen richtig zu
treffen) "Dein Boot hat ein Segel, unseres nicht. Du wirst uns erst nach Gipflak bringen und dann nach Jergan.
Wenn du unsere Aufgabe zu unserer Zufriedenheit erfüllst, werden wir dich angemessen belohnen, wenn nicht..."
Alvan ließ diesen Aspekt bewusst offen. Einstweilen würde es genügen, dieses Fischerboot unter Kontrolle zu
bringen (mit diesem konnten sie dann am Ende, wenn alles gut lief, wieder ins freie Aranien zurückkehren. Honjin
würde im Tausch ihr Schinakel erhalten. Oder dachte sie damit bereits zu weit in die Zukunft?). Honjin, der merkte,
das einige seiner schlimmsten Befürchtungen wahr werden drohten, begann zu jammern.
Alvan griff demonstrativ zu ihrer Klinge, aber die Fischer sahen nicht unbedingt so aus, als wären sie begierig auf
einen Kampf. "Der Fang wird verderben!" jammerte Honjin und auch die dicke Frau schimpfte los. "Schazak, das
könnt ihr ihm nicht antun... Er... Wir haben nie Ärger mit der Obrigkeit gehabt." Zumindest sie hält uns also für
Haffax Leute, ging es Alvan durch den Sinn. "Dann fangt nicht jetzt damit an. Ihr werdet jetzt unser Boot in
Schlepptau nehmen und gen Gipflak fahren, oder..."
"Oder was?" Ein Hauch von Widerstandsgeist flammte in dem Fischer auf, und auch seine vier Kinder gingen, die
Hand am Griff ihrer Messer, in Kampfposition. Einer kramte einen Schnitter hervor, den er offenbar zum Schutz
vor Seeungeheuern oder Piraten bei sich führte. Es sind Maraskaner, dachte Alvan, vergiss das nicht...
Alvans Schwert surrte durch die Luft, als sie, so hoffte sie zumindest, höchst beeindruckend blank zog. Mit einem
Satz sprang sie ins Fischerboot. Ihre Klinge wies auf den Kormoran, der vor ihr neben einem Korb mit Fischen
hockte."
„Oder ich hacke eurem wahrlich possierlichen Vögelchen hier den Kopf ab. Zum Beispiel. Nur so als Anfang von
allem anderen..." Die Drohung wirkte. Honjin hob beschwichtigend die Hände: "Ich gehorche, ich gehorche. Ist
schon gut. Aber ich warne Euch. Eure Gefährtin ist nicht mehr ganz richtig im Kopf. Sie macht etwas mit dem
Wasser. Es heißt, sie wäre... besessen. Vielleicht haben die Gipflaker sie schon längst von den Felsen gestürzt."
"Lasst das unsere Sorge sein." Innerlich fühlte Alvan, wie sich in ihrem Inneren etwas zusammenzog. War das die
Absicht der Gal´Kzuulim gewesen - eine dämonische Wesenheit aus dem Gefolge der Tiefen Tochter an Land zu
bringen, um dort Chaos und Unheil zu stiften? Ein Mensch konnte an Land atmen und sich frei bewegen, ein
Diener Charyptoroths nicht. Nun ja, sie hatten ja zum Glück einen Inquisitionsrat dabei. "Wir haben es ein
bisschen eilig, Freund´ka. Du wirst unser Schinakel ins Schlepptau nehmen und uns nach Gipflak bringen. Und du
da, Bürschchen, leg den Schnitter besser wieder dorthin, wo du ihn rausgezogen hast, bevor sich hier noch
irgendjemand verletzt. Sigismund, mach dich mal nützlich und zieh den Kahn mit dem Bootshaken ran."
Der Fischersohn schien anders als der zitternde Honjin noch nicht geneigt, klein beizugeben. "Verdammte Piraten"
schrie er und hob seine Waffe. Zum Glück reichlich ungelenk. Alvan warf ihr Schwert schwungvoll, mit der Spitze
voran in die Höhe. Verwirrt sah der junge Maraskaner hinterher. Die Halbelfe rammte in ihre Faust unters Kinn.
Als der Mann wieder aus seiner Benommenheit erwachte, stand Alvan mit einem Fuß auf seinem Schnitter und
hielt ihm das elegant wiederaufgefangene Schwert an den Hals. Einen Augenblick schienen die Geschwister einen
Verzweiflungsangriff zu erwägen. Als sie sahen, dass Alvan ihren Bruder nicht töten wollte, zögerten sie. Zeit, die
Alrik und Odilon nutzten, um ebenfalls an Bord zu springen. "Wie es scheint, spezialisieren wir uns gerade auf das
Klauen von Booten!" grinste der Baron, nahm den Schnitter an sich und warf ihn ins Beiboot der Nachtwind.
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